100 Prozent für Cornelia Schwartz - Landesvorsitzende des Philologenverbandes im Amt bestätigt

Unter dem Motto „Gymnasiale Bildung: Mut zu Qualität“ fand am 14. und 15. November 2019 im Best-Western-Hotel in Kaiserslautern die Vertreterversammlung des Philologenverbandes Rheinland-Pfalz, der Berufsvertretung der Gymnasiallehrerinnen und -lehrer an rheinland-pfälzischen Gymnasien, Kollegs, Integrierten Gesamtschulen und Studienseminaren für das Lehramt an Gymnasien, statt. Die rund 160 Vertreterinnen und Vertreter wählten im ersten Teil der Veranstaltung den Geschäftsführenden Vorstand des Verbandes, legten im weiteren Verlauf die mittelfristige Verbandspolitik fest und beschäftigen sich in ihren Anträgen mit aktuellen Themen wie Unterrichtsversorgung, Einstellungssituation, Lehrkräftebildung und Herausforderungen durch die Digitalisierung.

 

Bei der öffentlichen Veranstaltung forderte Landesvorsitzende, Cornelia Schwartz, die zuvor in geheimer Wahl mit 100 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt wurde, die Digitalisierung der Schulen nicht über die Köpfe der Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler hinweg durchzuführen. „Eine völlig individualisierte und computerisierte Arbeitsweise ohne die Klassengemeinschaft“, so Schwartz wörtlich, „wollen wir nicht.“ Noch immer gelte das von Klafki geforderte Primat der Didaktik, Schülerinnen und Schüler benötigten Lehrer und nicht nur Lernbegleiter. Lehr- und Unterrichtsgespräch sowie der Lehrervortrag seien bewährte Instrumente, um Kindern und Jugendlichen etwas beizubringen. Daher seien Computer und andere digitale Medien nur dann einzusetzen, wenn es sinnvoll ist, und nicht um ihrer selbst willen. Dafür sei die weiterführende Schule der adäquate Ort, in der Primarstufe dagegen lenkten Computer von den Kernaufgaben der Grundschule – Rechnen, Lesen, Schreiben lernen – ab. An den Gymnasien und Integrierten Gesamtschulen, an denen bislang engagierte Lehrkräfte mit Herzblut und zusätzlichem zeitlichen Engagement für eine digitale Grundausstattung gesorgt hätten, müssten, so Schwartz, endlich IT-Fachkräfte die Wartung von Hard- und Software übernehmen, für je 200 Endgeräte bedürfe es mindestens einer Vollzeit-Fachkraft. Darüber hinaus müssten die neuen pädagogischen Herausforderungen, die sich durch die Digitalisierung der Schulen ergäben, mit einer Deputatssenkung für die Lehrkräfte und die Rückkehr zu einem vollen zweijährigen Referendariat einhergehen: „Um mit dem Computer guten Unterricht vorzubereiten, von dem unsere Schüler profitieren, brauchen wir mehr Zeit“, so Schwartz abschließend.

 

Die Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing, übermittelte in einer Video-Botschaft ihre Grüße an die versammelten Delegierten und herzliche Glückwünsche an den gewählten geschäftsführenden Vorstand. Sie kritisierte die rheinland-pfälzische Besonderheit der sogenannten „Abitur-Vorhalte-Stunde“. Diese, so Lin-Klitzing wörtlich, „ist singulär in der Republik! In anderen Bundesländern bekommen die Kollegen und Kolleginnen Ermäßigungen für ihre anspruchsvolle Tätigkeit im Abitur und sogar Korrekturtage. Einzig in Rheinland-Pfalz werden die Kollegen mit einer zusätzlichen Stunde gerade in der Abiturzeit, die besonders gekennzeichnet ist von erhöhten Anforderungen, belastet. Hier ist eher Entlastung als Belastung angesagt. Hier brauchen wir eine Veränderung!“

 

Den Festvortrag für diese Veranstaltung, die im Zweijahresrhythmus durchgeführt wird, hielt Prof. Dr. Christoph Türcke, Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Seine Ausführungen zum Thema „Warum Schule? Es gibt doch Internet!“ skizzierten eine Entwicklung, die ihren Ausgang nimmt vom antiken Ideal eines „demos“, eines Volkes, das für seine Belange sorgen könne, und sich zum unerfüllten Versprechen einer digitalisierten Basisdemokratie erstreckt. Er stellte einen Zusammenhang zwischen den täglichen Plebisziten auf Sozialen Plattformen in Gestalt von Bewertungen einerseits und der Formalisierung von Bildungsprozessen andererseits her. Ausdruck dieser Formalisierung sei eine zunehmend inhaltsleere Kompetenzorientierung, die, konsequent zu Ende gedacht, den Verzicht auf Klassengemeinschaft und Schule überhaupt bedeuten würde. Demgegenüber stellte er „das Zeigen“ als pädagogische Urgeste in den Vordergrund seiner anthropologisch fundierten Überlegungen. Eltern erzeugten durch das Zeigen bzw. Hinweisen gemeinsam mit ihren Kindern Sachverhalte, und dasselbe finde in der Verlängerung dieses Prozesses in der Schule statt. Insofern beerdige die virtuelle und nur scheinbar auf Individualisierung zielende Schule nicht nur Sachlichkeit, sondern ebenso Beziehung als Grundmoment gelingender Erziehung.

 

Im Einklang mit den Ausführungen Türckes betonte dbb-Landesvorsitzend Lilli Lenz die notwendige pädagogische Freiheit von Lehrkräften und die damit verbundene Bedeutung des Beamtenstatus, der ein Streikrecht ausschließe. Sie erläuterte die berufspolitischen Erfolge des dbb, die sich in beachtlichen Lohnsteigerungen niedergeschlagen hätten, aber durch weitere Attraktivitätsoffensiven für den öffentlichen Dienst fortgesetzt werden müssten.

 

Als Vertreter für die erkrankte Bildungsministerin, Dr. Stefanie Hubig, beschrieb Ministerialdirigent Bernhard Bremm die Digitalstrategie der Landesregierung für den Bildungsbereich, verteidigte den Digitalpakt und stellte klar, dass der Grundsatz, dass es auf den Lehrer ankomme, auch in der digitalen Welt gelte. Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, warnte vor falschen Narrativen in der bildungspolitischen Diskussion und legte die Position des Deutschen Lehrerverbandes dar. Leistungsheterogenität sei eine Herausforderung, die am besten durch ein mehrgliedriges und differenzierendes Schulsystem bewältigt werden könne. Darüber hinaus sei Medienerziehung ohne die Mithilfe der Eltern nicht leistbar und auf klare Regeln einschließlich Verboten angewiesen.

 

Bei den Vorstandswahlen der Delegiertenversammlung wurde Cornelia Schwartz (Bad Dürkheim) in geheimer Wahl im ersten Wahlgang mit hundertprozentiger Zustimmung im Amt der Landesvorsitzenden bestätigt. Ebenfalls gewählt bzw. wiedergewählt wurden von den Delegierten: Sigrid Janotta-Fischer (Cochem) und Robert Tophofen (Kaiserslautern) als stellvertretende Vorsitzende, Wolfgang Arneth (Lahnstein) und Dr. Thomas Knoblauch (Mainz) als Rechtsreferenten, Jochen Ring (Linz) als Referent für Öffentlichkeitsarbeit, Ralf Hoffmann (Bendorf) als Bildungsreferent, Heike Mohr-Mumbauer (Traben-Trarbach) als Referentin für Frauenfragen und Gleichstellung, Kristina Friebis-Kau (Bad Sobernheim) als Referentin für die Interessen der Jungen Philologen und Markus Perabo (Mainz) als Schatzmeister.