Digitalisierungs-Debakel in Schulen und Verwaltung: Missmanagement des Dienstherrn beschädigt nachhaltig den Ruf des öffentlichen Dienstes

BLICK 361

Der Dilettantismus, mit dem die Digitalisierung im Land betrieben wird, schürt nicht bloß ein Klima der Unzufriedenheit, sondern unterminiert unser gesamtes gesellschaftliches System mit katastrophalen Folgen in vielen Bereichen. Die Bürgerinnen und Bürger bemessen die Qualität der Arbeit im öffentlichen Dienst danach, ob Vorgänge und Leistungen korrekt, allgemeinverständlich und zeitnah erbracht werden. Der Unmut darüber, dass dies in vielen Bereichen nicht geschieht, insbesondere vor dem Hintergrund einer Digitalisierung, die doch eher erleichtern und beschleunigen soll, trifft zumeist diejenigen, die etwa in Amtsstuben, Krankenhäusern, auf Streife oder in Schulen in vorderster Reihe stehen. Aber damit trifft es die Falschen! Nicht funktionierende Software, unübersichtliche und zeitraubende Abläufe sowie fehlendes Personal hat der Dienstherr zu verantworten. Die Liste der Fehler im Bereich der Digitalisierung ist lang: Wir haben noch immer keine E-Akte, die auch an einem Wildwuchs an Gesetzen scheitert, der nur noch für Juristen zu durchdringen scheint. Unzumutbare Bearbeitungszeiten bei den Beihilfebescheiden sind einer Software geschuldet, die statt zu beschleunigen die Arbeit vermehrt hat, weil sie nicht richtig geplant und aufgegleist worden ist, oder etwa das lästige Thema der Grundsteuerbescheide, für die die Bürger teils Daten beschaffen mussten, die eigentlich hätten vorliegen können, wenn man nur im Vorgriff finanzielle und personelle Ressourcen in eine Datenvernetzung und digitale Speicherung investiert hätte. Und wie steht es um die Digitalisierung in Schulen? Es gibt noch immer Schulräume – wenn auch immer weniger – ohne passende Internetverbindung oder Beamer, bei denen man an der falschen Stelle gespart hat, nämlich bei der Leistungsfähigkeit, so dass sie bei starker Sonneneinstrahlung nicht mehr zu gebrauchen sind, ganz zu schweigen von einem zeitnahen IT-Support von außerhalb der Schulen. Engere und erweiterte Schulleitungen werden verheizt durch unvollständig und fehlerhaft programmierte Software – Stichwort „edoo.sys“. Nachdem der Dienstherr in der Corona-Zeit die Schulen mit dem Problem der Gestaltung von digitalem Unterricht alleingelassen hat, haben die Schulen in einem unbeschreiblichen Arbeitseinsatz Lösungen generiert und Kommunikationsplattformen eingerichtet. Dass mancherorts die Kollegien heute darum kämpfen müssen, jene funktionierenden Systeme behalten zu dürfen, weil das Land sie über die Plattform „Schulcampus“ wieder mit dem veralteten „Moodle“ versöhnen möchte, ist ein Skandal. Professionalität einzukaufen, sprich kommerzielle Anbieter zu nutzen, deren IT-Lösungen auch sicher und zuverlässig funktionieren, ist mitunter ein besserer Weg als der, den die Landesregierung einschlägt. Das Argument der Kostenabwägung zu Gunsten einer landeseigenen und ‚selbst gebastelten‘ Softwarelösung ist dabei oft unehrlich, wie das Beispiel „Schulcampus“ zeigt. Allzu oft wird eben nicht eingerechnet, dass allein für die Verwaltung von Programmen höher dotierte Stellen eingerechnet werden, die beim Kostenvergleich mit privaten Anbietern außenvorgelassen werden. Die mangelnde Professionalität ist nicht auf Seiten derer anzusiedeln, die täglich mit Software und Plattformen umgehen, sondern vielmehr ganz oben. Von der Landesregierung vernimmt man keine lautstarke Widerrede, wenn in der Öffentlichkeit wie so oft das Zerrbild gezeichnet wird von der Lehrkraft, die weniger IT-Kompetenz habe als ihre Schülerinnen und Schüler. Ich vermisse auch den Verantwortungsträger, der einmal sagt, dass Fehler gemacht worden sind, und dafür einsteht. Der öffentliche Dienst mit Schulen, Polizei, Verwaltung und Gesundheitswesen ist das Fundament unseres demokratischen Systems. Jede Unprofessionalität, jede übermäßige Wartezeit bei der Bearbeitung von Anliegen, jede Überforderung der Bürgerinnen und Bürger ist Wasser auf die Mühlen derer, die unseren Staat und unsere Verfassung ablehnen. Wenn wir es nicht schaffen, durch einen effizienten Einsatz von Digitalisierung zu effizientem Arbeiten im öffentlichen Dienst zu gelangen, werden immer mehr Arbeitsplätze dorthin abfließen, wo es nicht jahrelanger Planungs- und Genehmigungsverfahren für Industrieansiedlungen bedarf, wo Ausschreibungsverfahren der öffentlichen Hand nicht denjenigen begünstigen, von dem oft schon zu erahnen ist, dass er weder die Qualitätsversprechen noch den Kostenrahmen wird einhalten können, wo Kinder in den Schulen mit einer funktionierenden IT heranwachsen und Wissen und Kompetenzen vermittelt bekommen, die sie stärken für einen globalen Wettbewerb. Die Digitalisierung sollte unser ‚Joker‘ sein, aber darf nicht zum ‚Joke‘ verkommen.