Leitsatz des Philologenverbandes zu den anstehenden Schulöffnungen: „Rücksichtnahme ist das Gebot der Stunde!“

Diese Woche kehren zunächst die Abiturprüflinge an die G8-Gymnasien, Abendgymnasien und Kollegs zurück. Lehrkräfte berichten von Abiturientinnen und Abiturienten, die hochmotiviert sind, ihre Prüfungen zu absolvieren. Für den Schulstart selbst mussten die Schulleitungen sehr kurzfristig planen: Die Vorgaben aus dem Bildungsministerium kamen erst sehr spät, und es ist dem Improvisationstalent und dem Einsatz der Schulleitungen zu verdanken, dass noch alle Zeugnisse für das letzte Halbjahr rechtzeitig vor dem Abitur verteilt werden konnten. „Das hat“, nach den Worten der Landesvorsitzenden, Cornelia Schwartz, „einiges an Nerven gekostet, wenn von einem auf den anderen Tag neu geplant werden musste.“
 

An den derzeitigen „Öffnungsdiskussionsorgien“ beteiligt sich der Philologenverband Rheinland-Pfalz nicht. Ab dem 4. Mai wird sich laut Schwartz zeigen, wie die einzelnen Schulen mit ihren Organisationsmodellen für die geteilten Kurse und Klassen zurechtkommen, ob die Hygienekonzepte tragen, die „Einbahnstraßenregelungen“ in manchen Fluren und die versetzten Pausenzeiten funktionieren, ob genügend Seife und Desinfektionsmittel vorhanden sowie die entsprechenden Desinfektionsmittelspender überall angebracht sind.
 

Außerdem ist oft noch unbekannt, wie viele Kolleginnen und Kollegen zu den Risikogruppen gehören. „Die betreffenden gefährdeten Lehrkräfte müssen selbstverständlich ohne schlechtes Gewissen zu Hause bleiben können, denn sie erledigen dort ihre Arbeit ebenfalls, und das extrem zeitintensiv, wie wir in den letzten Wochen alle feststellen durften. Gleichzeitig dürfen diejenigen, die an der Front sind, nicht überfordert werden: Sie können schlicht nicht alles auffangen, für die Notbetreuung bereitstehen und zusätzlich noch Kollegen vertreten. Bei allen kreativen Lösungen muss man immer auch mitdenken, dass man nichts gewinnt, sondern im Gegenteil alles aufs Spiel setzt, wenn man diese Lehrkräfte nun vor Ort verheizt. Nachdem man sich zu Recht in den letzten Wochen viele Gedanken um Schüler und Eltern gemacht hat, wird es nun endlich Zeit, auch die Lehrkräfte in den Fokus zu rücken, die in den letzten Wochen oft bis spät in die Nacht gearbeitet haben. Mehr geht nicht, und nach diesem Schuljahr brauchen wir erst einmal dringend eine Pause.“ Vor diesem Hintergrund wehrt sich Schwartz mit Vehemenz gegen die allzu pauschalen Vorwürfe zweier Berliner Nachwuchs-Journalisten, die mit haltlosen Unterstellungen ein regelrechtes Lehrer-Bashing losgetreten haben.
 

Dem gegenüber rechnet die Mathematik- und Englisch-Lehrerin Cornelia Schwartz vor: „Wenn man am Gymnasium ca. 150 bis 300 oder mehr Schülerinnen und Schüler hat, sitzen Lehrkräfte allein für eine nur 5-minütige Rückmeldung an jeden einzelnen zwischen 12 ½ und 25 Zeitstunden pro Woche am Schreibtisch. Da ist noch keine Minute Unterrichtsvorbereitung mit eingerechnet, keine Minute Korrektur, nichts. Von daher sollten wir alle, Lehrer, Eltern und Schüler, unsere Erwartungshaltung gegenüber dem jeweils anderen überdenken: Gegenseitige Rücksichtnahme ist das Gebot der Stunde!“