Zur Berichterstattung der Rhein-Zeitung vom 22.01.2020 - Philologenverband fordert: Viel kleinere Klassen an Brennpunktschulen, Qualität durch Fachleute im Unterricht, keine zieldifferente Inklusion!

Im Norden von Rheinland-Pfalz wird derzeit der Streit um den Hilferuf einer Realschule plus aus Betzdorf öffentlich ausgetragen. Emeritierte Pädagogikprofessoren wie Dr. Rudi Krawitz melden sich zu Wort, da sie zu wissen meinen, wie das Problem gelöst werden kann: „Warum setzen sich Wissenschaftler und Politiker nicht zusammen an einen Tisch und diagnostizieren die Lage der Schulen?“

 

Statt einer abgehobenen Kaffeerunde fernab jeglicher Realität, bei der einer Pädagogik, die auch aufgrund ihrer Kosten noch nie in der Breite praxistauglich war, gehuldigt wird, schlägt der Philologenverband dem Ministerium zur Lösung des Problems, das an vielen Stellen und Schularten im Land besteht, Folgendes vor:

 

  • Sorgen Sie für eine bessere Lehrerversorgung an den Brennpunktschulen: Der Klassenteiler muss dort deutlich gesenkt werden. Während an den vielen privilegierten kleinen Grundschulen auf dem Land paradiesische Zustände mit maximal 12 bis 15 wohlbehüteten Kindern in einer Klasse herrschen, müssen Lehrkräfte gerade in Brennpunktschulen mit hohem Migrationsanteil oft mit fast doppelt so vielen Kindern in einer Klasse zurechtkommen. Ähnliches gilt für die weiterführenden Schulen. „Die Versorgung der Brennpunktschulen aller Schularten muss mindestens so gut sein wie das, was man sich auf dem Land leistet“, so die Vorsitzende des Philologenverbandes Rheinland-Pfalz, Cornelia Schwartz.
     
  • „Lassen Sie Fachunterricht durch dafür ausgebildete Lehrkräfte halten und ziehen Sie einen Schlussstrich unter fachfremden Unterricht: Er hat sich nicht bewährt“, stellt Schwartz fest. Schon vor Jahren forderte Prof. Jürgen Baumert auf der Grundlage der COACTIV-Studie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung mehr Fachlichkeit der Lehrkräfte zur Qualitätssicherung in der Schule.
     
  • Greifen Sie den Vorschlag Ihres Koalitionspartners FDP auf und setzen Sie die zieldifferente Inklusion aus. Das Übermaß an Heterogenität im Fachunterricht ist kontraproduktiv. Die bildungspolitische Sprecherin der FDP, Helga Lerch, legt als Fachfrau (im Gegensatz zu manch einem Pädagogikprofessor hat sie jahrzehntelang selbst unterrichtet) den Finger genau in die Wunde.

 

Was keine Probleme lösen wird, sind die Krawitz‘schen Forderungen nach einer Einheitsschule. Dort wären zwar dann alle Kinder zusammen, lernen aber nicht gemeinsam, sondern individuell. Sein in diesem Zusammenhang geäußerter Verweis auf Finnland als PISA-Testsieger vor zwanzig Jahren ist obsolet: Längst ist bekannt, dass der Erfolg der Finnen im Jahr 2000 eben nicht auf sogenannte moderne Lehrmethoden und Individualisierung, sondern auf ein deutlich konservativeres Schulsystem mit vielen gemeinsamen Phasen im Unterricht zurückzuführen waren.