Gedenken zum 9. November: Was können die Schulen tun?

Wie jedes Jahr gedenken wir auch am 9. November 2023, dem Jahrestag der Reichspogromnacht, der grauenvollen Ereignisse vor mittlerweile 85 Jahren, als Synagogen in Brand gesteckt, Geschäfte und Wohnungen geplündert, Gräber geschändet und jüdische Menschen in Deutschland misshandelt, deportiert und ermordet wurden – von den eigenen Nachbarn. Unfassbares Leid mussten jüdische Menschen und andere unter dem nationalsozialistischen Unrechtsregime erdulden.

Es ist unbegreiflich, dass es uns, dass es dieser Gesellschaft in all den Jahrzehnten seit 1945 nicht gelungen ist, den tiefsitzenden Antisemitismus in Deutschland zu überwinden. Eine Beschäftigung mit den grauenvollen Ereignissen der deutschen Geschichte ist unerlässlich. Wer jemals Gedenkstätten wie die damaligen Konzentrationslager besucht hat, wer jemals Dokumentationen über die Gräueltaten angeschaut hat, wer diese Eindrücke wirklich an sich herangelassen hat, der kann gegenüber dem sich ausbreitenden Judenhass nicht gleichgültig bleiben und sich ihm noch viel weniger anschließen.

Viele Kolleginnen und Kollegen fragen sich, was sie über Aufklärung und die Vermittlung geschichtlichen Wissens hinaus leisten können, um Jugendliche in geeigneter Weise zu sensibilisieren. Dabei erinnern sie sich vielleicht an ehrenamtlich in Gedenkstätten Tätige, an Pfarrerinnen und Pfarrer, an Deutsch-, Englisch-, Französisch-, Religionslehrkräfte und andere, denen es gelungen ist, eine mehr als nur kognitiv geprägte Beziehung zum Judentum anzustoßen: durch gemeinsame Besuche von Synagogen, durch die Lektüre von Werken wie Gotthold Ephraim Lessings Nathan der Weise, durch die Beschäftigung mit der Theologie des Judentums, in dem das Christentum ja wurzelt, durch Einblicke in das Hebräische als die Sprache der Torah und in Traditionen und Gebräuche, denen wir uns damals vielleicht genähert haben wie Mose sich dem brennenden Dornbusch: in dem Gefühl, „der Ort, darauf du stehst, ist heiliges Land“ (2. Mose 3,5). Menschen, Lehrerinnen und Lehrer, die es schaffen, solch intensive Begegnungen zu initiieren, brauchen unsere Kinder und Jugendlichen – heute vielleicht mehr denn je.