Philologenverband Rheinland-Pfalz bestätigt Cornelia Schwartz im Amt der Landesvorsitzenden - Philologenverband fordert Eindämmung der Arbeitszeit

Blick 369

Unter dem Motto „Ausufernde Arbeitszeit – Arbeitszeit eindämmen“ fand am 23. und 24. November 2023 im Dorint-Hotel in Alzey die Vertreterversammlung des Philologenverbandes Rheinland-Pfalz, der Berufsvertretung der Gymnasiallehrerinnen und -lehrer an rheinland-pfälzischen Gymnasien, Kollegs, Integrierten Gesamtschulen und Studienseminaren für das Lehramt an Gymnasien, statt. Die rund 100 Vertreterinnen und Vertreter wählten im ersten Teil der Veranstaltung den Geschäftsführenden Vorstand des Verbandes, legten im weiteren Verlauf die mittelfristige Verbandspolitik fest und beschäftigen sich in ihren Anträgen mit aktuellen Themen wie Lehrkräftemangel, ausufernde Arbeitszeit, Digitalisierung, „Schule der Zukunft“, Unterrichtsversorgung, Einstellungssituation, Lehrkräftebildung und Attraktivitätssteigerung des Lehrberufs.

Bei der öffentlichen Veranstaltung forderte die wiedergewählte Landesvorsitzende, Cornelia Schwartz, im Sinne des Tagungsmottos „Ausufernde Arbeitszeit – Arbeitszeit eindämmen“ eine radikale Aufgabenkritik, da die Fülle der Belastungen für gymnasiale Lehrkräfte nicht mehr zu stemmen sei. Außerdem warnte sie vor einer unreflektierten Digitalisierungseuphorie und einem undurchdachten Raumkonzept, wie sie dem von der Landesregierung propagierten Modell einer „Schule der Zukunft“ zugrunde lägen. Man müsse bestimmte Fehler, die andere Länder nun korrigierten, indem sie den klassenzentrierten Unterricht und die Direkte Instruktion wieder in den Mittelpunkt der Pädagogik stellten, nicht wiederholen. Stattdessen müsse man den Wert gemeinsamen Erlebens, zielgerichteter gemeinschaftlicher Interaktion und die Ergebnisse seriöser wissenschaftlicher Untersuchungen zu den schädlichen medizinischen Auswirkungen exzessiver Nutzung digitaler Medien anerkennen.

Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig verteidigte das Konzept der „Schule der Zukunft“ und räumte ein, dass sich im Zusammenhang mit den jüngsten Gerichtsurteilen zur Arbeitszeiterfassung viele Fragen stellten, auch die einer Aufgabenkritik für Lehrkräfte. Diesen dankte sie für ihr hohes Arbeitsethos und ein Engagement, das trotz der vielen Krisen, die auch die Schulen beträfen, ungebrochen sei.

Die stellvertretende Vorsitzende des Beamtenbundes Rheinland-Pfalz, Elke Schwabl, betonte, dass die Vernachlässigung der Fürsorgepflicht für die Beamten und Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gravierende Auswirkungen hätte und der aktuelle Fachkräftemangel nur durch ein sattes Lohnplus in den derzeitigen Lohnverhandlungen abgemildert werden könne.

Die Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Prof. Dr. Lin-Klitzing, zählte die Belastungen auf, die die Lehrkräfte schultern: zu hohe Stundendeputate, die für gymnasiale Lehrkräfte im Einklang mit den Arbeitszeitverkürzungen des sonstigen Öffentlichen Dienstes eigentlich bei knapp 18 Stunden liegen müssten, zu große Klassen, zu geringe Vertretungsreserven, zu viel Bürokratie und Sonderaufgaben gerade auch durch die Digitalisierung. Dringend notwendig sei die zügige Abschaffung der bundesweit singulären Abiturvorhaltestunde für gymnasiale Lehrkräfte, die in Abiturkursen unterrichten.

Den Festvortrag für diese Veranstaltung, die im Zweijahresrhythmus durchgeführt wird, hielt Dr. Alexander Jatzko, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Chefarzt der Curamed-Privatklinik Stillachhaus. Seine Ausführungen zum Thema „Digitale Welt – analoges Gehirn: Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf die Neurobiologie von Kindern und Erwachsenen?“ ließen sich als deutliche Warnung vor einer übereilten Digitalisierung der Schulen interpretieren. Er wies den Suchtcharakter, der dem Gebrauch digitaler Medien innewohne, auf, zitierte Studien, die belegen, dass eine übermäßige Nutzung von Tablets und Smartphones das Lernen behindere, die Leistungsfähigkeit von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mindere und dazu führe, dass sich Menschen gestresst und unglücklich fühlten. Notwendig sei daher eine Kultur des „Digital Detox“, also der strikten zeitlichen Beschränkung der Beschäftigung mit digitalen Medien und eine Wertschätzung von Achtsamkeit, die das Gegenteil von Multitasking darstelle.