PISA-Ergebnisse werden missbraucht für Stimmungsmache gegen Föderalismus in der Bildungspolitik: Philologenverband warnt vor staatlicher „Lufthoheit über den Kinderbetten“!

Mit Entsetzen hat der Philologenverband Rheinland-Pfalz auf den Vorstoß des SPD-Parteitages reagiert, einen „Deutschlandpakt Bildung“ zu etablieren. Der SPD-Leitantrag suggeriert, dass das Problem nur dadurch zu lösen sei, dass von Seiten des Bundes mehr Geld für die Länder und Kommunen bereitgestellt werde, um bessere Bildung zu gewährleisten. Darüber hinaus scheint sich in der deutschen Bevölkerung das dumpfe Gefühl breitzumachen, „die Länder“ seien mit der Bildung überfordert und der Bund müsse es richten.

Übersehen wird hierbei allerdings zweierlei:

  1. Es gibt eine gesunde Konkurrenz unter den Bundesländern in Sachen Bildung: Bayern und Sachsen stellen regelmäßig die Leistungsspitze. Wird Bildung bundesweit eingeebnet, führt dies nicht unbedingt dazu, dass Schlusslichter wie Bremen besser werden – im Gegenteil: Es ist wahrscheinlicher, dass gerade die Hochburgen der Bildung, Bayern und Sachsen, dabei geschliffen werden. Bestes Beispiel: das Streichen des schriftlichen Dividierens aus der Grundschule.
  2. Es ist naiv zu glauben, dass der Bund großzügig Geld verteilt, aber keinen Einfluss nehmen möchte: Wer bezahlt, bestimmt. Aus diesem Grund war es den Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg ganz besonders wichtig, in Deutschland ein föderales System auch in der Bildungspolitik zu etablieren – ohne Gleichschaltung und Hineinregieren des Staates in Kinderköpfe.

Unvergessen die damalige Kampfansage mit der entsprechenden Kriegsrhetorik des heutigen Bundeskanzlers: „Wir wollen die Lufthoheit über den Kinderbetten erobern“, so Olaf Scholz 2002. Es ging dabei um die ureigene SPD-Idee der Ganztagsbetreuung. Immer auch geht es der SPD aber um längeres gemeinsames Lernen an Einheitsschulen. Die Idee an sich klingt hehr: Alle sollen die gleichen Chancen haben. Oft allerdings haben gerade diese Vereinheitlichungstendenzen dazu geführt, dass keiner besser sein darf als der andere – Mittelmaß regiert in vielen Bundesländern, und im Zweifel werden die Kinder derer, die es sich leisten können, dann privat gefördert oder auf separate Bildungseinrichtungen geschickt. Manche sind eben gleicher als andere …

Es ist für die Politik ein Leichtes, nun die Ergebnisse der PISA-Studie als Anlass für einen stärken Zugriff des Bundes auf die Bildungspolitik als alternativlos zu präsentieren. Die PISA-Ergebnisse wirklich einordnen können bisher wenige. Wen interessiert in der Aufgeregtheit der Debatte schon, dass nicht nur in Deutschland, sondern weltweit die Ergebnisse eingebrochen sind? Wer weiß schon, dass bei PISA Deutschland mit 9 Schuljahren an der gleichen Studie teilnimmt wie andere Länder mit 10 oder 11 Schuljahren, dass hier also Äpfel mit Birnen verglichen werden? Es liegt allerdings nicht nur an den Finanzen, sondern vor allem an einer völlig fehlgeleiteten Bildungspolitik, wenn Kinder hierzulande nicht so gut abschneiden, wie sie abschneiden könnten. Wie fatal wäre es, wenn diese Bildungspolitik dann bundesweit verordnet werden könnte!