„Schule der Zukunft“ entpuppt sich als Phrase

Im Mittelpunkt der Frühjahrstagung des Bildungsausschusses stand am 11. April in Mainz die Initiative „Schule der Zukunft“. Als externer Gast war Dr. Jens Kemper, Schulleiter am staatlichen Eifel-Gymnasium in Neuerburg, eingeladen, um über Motivation und Aktivitäten seiner an der Initiative teilnehmenden Schule zu berichten.

Eifel-Gymnasium setzt auf Nachhaltigkeit

Laut Oberstudiendirektor Kemper werden die 2.000 Euro, die seinem Gymnasium in Neuerburg für 2023 als Zuschuss bewilligt worden sind, in verschiedenen Bereichen investiert: Insgesamt geht es darum, Umwelt nachhaltig zu gestalten.

Dazu gehört die Schulung von Umweltscouts, die sich im Klassenverband mit dem Umgang mit endlichen Ressourcen und mit Energiesparen beschäftigen. Die praktischen Folgen sind Pflanzaktionen für eine grünere Umwelt, die Einführung eines neuen Mülltrennsystems und die Gründung einer Klima-AG. Im Fokus steht auch eine gesündere Ernährung mit der Einführung von regionalen, Fair-Trade-Produkten und Honig aus der Schulimkerei am Schulkiosk.

Zukunftspotential sieht Kemper in der Nutzung von alternativen Energien, er könne sich dies vorstellten im Zuge einer Sanierung des Internatsgebäudes, das noch immer mit unzeitgemäßen Gemeinschaftsnassräumen ausgestattet sei.

Auch darüber hinaus hat die Schulgemeinschaft viele kreative Ideen in puncto Umwelt- und Klimaschutz entwickelt.

 „Town-Hall“ – Inputs sind dagegen äußerst problematisch

Ganz anders die Stoßrichtung der bisherigen Town-Hall-Veranstaltungen. Mit den Referentinnen und Referenten - vom Ministerium für Bildung ausgewählt und bezahlt - haben sich Cornelia Schwartz, Horst Wittig und Ralf Hoffmann auseinandergesetzt:

Folgte man dem, was jene von sich geben, würde man …

  • das Unterrichten in Klassenräumen abschaffen und stattdessen Wände herausreißen und „Lernlandschaften“ im Stil von Großraumbüros schaffen,
  • Lehrerinnen und Lehrer an ihrer bisherigen fachlich professionellen Arbeit aktiv hindern und sie zu „Lernbegleitern“ machen,
  • die Schulfächer abschaffen und an ihrer Stelle Workshops etablieren, die die Schülerinnen und Schüler je nach Interesse und Spaßfaktor wählen,
  • Lehrkräften, die Bedenken äußern und sich den neuen Ideen argumentativ entgegenstellen, Faulheit unterstellen oder sie gar zum Verlassen der Schule nötigen.

 

Der Kommentar

Was bei „Schule der Zukunft“ auf dem Spiel steht

Die gymnasiale Bildung des 20. Jahrhunderts, die zur Studierfähigkeit hingeführt und viele erfolgreiche Karrieren ermöglicht hat, scheint im 21. Jahrhundert immer weniger gefragt zu sein. Stattdessen wird ein egoistischer Individualismus gefördert, der eine Spaßgesellschaft propagiert. Wie sich in diesem Kontext die geplante Legalisierung von Drogen auf die Schulen auswirken wird, steht noch in den Sternen. Leistungsbereitschaft wird jedenfalls nicht mehr gefördert. Das muss dazu führen, dass Deutschland als international anerkannter Bildungs- und Wirtschaftsstandort abgehängt werden und nicht mehr konkurrenzfähig sein wird.

Bei der Degradierung von Studienrätinnen und Studienräten zu „Lernbegleiterinnen und Lernbegleitern“, die nicht mehr auf der eigenen Profession und Erfahrung basierende Lernimpulse setzen, sondern Kinder und Jugendliche sich selbst aussuchen lassen, womit jene sich beschäftigen wollen, werden alle bislang als relevant eingestuften Inhalte austauschbar. Wissensvermittlung wird nicht mehr als ein wesentliches Mittel zur Persönlichkeitsentwicklung gesehen, sondern wichtiger erscheinen eine möglicherweise sehr emotionale Steuerung von Kindern und Jugendlichen durch eine eher kameradschaftliche Begleitung. Dass uns unsere Schülerinnen und Schüler am Herzen liegen, ist klar, aber gleichzeitig ist eben auch sowohl zu deren Schutz als auch zu dem der Lehrkräfte eine professionelle Distanz notwendig.

Eine Schulstrukturreform, die so durchgeführt wird, wie vom Hauptreferenten der „Town Hall“ in Trier, Thomas C. Ferber (Schulleiter der Richtsbergschule im hessischen Marburg), propagiert, geht diktatorisch vor, und zwar nach dessen Motto „Konsequenz statt Konsens“. Ein undemokratisches Procedere bei Schulentwicklungsprozessen ist in Rheinland-Pfalz aber bislang nicht vorgesehen, sondern eine Einbindung aller am Schulleben Beteiligten.

Teilnahme an der Initiative des Landes?

Nach fünf Town-Hall-Veranstaltungen ist die Bezeichnung „Schule der Zukunft“ verbrannt. Die schönen Worte stehen bestenfalls für eine populistische Vermarktung rheinland-pfälzischer Bildungspolitik, schlimmstenfalls aber sind sie ein Euphemismus, der die  Absicht einer Schulstrukturrevolution verschleiern soll.

Am besten agieren die Schulleiterinnen und Schulleiter, deren Motivation es ist, die zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel des Landes abzuschöpfen für sinnvolle Initiativen vor Ort. Best-Practice-Beispiele gibt es an unseren Schulen genug, wenn man sich nur umschaut. Dafür braucht es keine medienwirksamen, aber Kosten generierenden „Town Halls“.

Mehr denn je gilt: Auf die demokratisch gesinnte und mit gesundem Menschenverstand ausgestattete Schulleitung vor Ort kommt es an, um Schule nachhaltig und modern zu gestalten.

Kilometerpauschale für Dienstfahrten deutlich anheben

Ich kann mich noch genau erinnern: 77 Cent hat mich ein Liter Diesel gekostet, als ich vor gut 20 Jahren das erste Mal in der neuen Währung Euro meine Tankrechnung bezahlt habe. Ähnlich lange ist es her, dass die Kilometerpauschale für Dienstreisen von Lehrkräften angepasst worden ist. Mit Blick auf die heutigen Zapfsäulenpreise erschließt sich sofort bei einer Preissteigerung um das Dreifache, dass da dringender Nachholbedarf besteht.

Entlastungsmaßnahmen bei gestiegenen Energiekosten sind geboten

In den letzten Monaten hat die Energiepreisentwicklung eine mir bislang unbekannte Dynamik aufgenommen, die nicht nur mit den Entwicklungen am Weltmarkt erklärt werden kann, sondern die z. B. mit der Einführung der CO2 – Abgabe auch teilweise hausgemacht ist und politisch verantwortet werden muss. In dem Kontext sind bereits erste Anpassungen erfolgt. Siezeigen die Notwendigkeit und auch die Berechtigung der Forderung nach einer Erhöhung der über IPEMA-Reise abrechenbaren Kilometerpauschale für alle Lehrerinnen und Lehrer in Rheinland-Pfalz:

  • Für die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter des Landes wurde im Jahr 2021 die zu zahlende Kilometerpauschale bereits auf 42 Cent pro gefahrenen Kilometer erhöht.
  • Es gibt aufgrund der gestiegenen Heizöl- und Gaspreise Heizkostenzuschüsse für Wohngeldempfänger/-innen.
  • Die steuerlich absetzbare Pendlerpauschale ist erhöht worden: für 2021-2023 von 30 auf 35 Cent, für 2024-2026 dann auf 38 Cent ab dem 21. gefahrenen Kilometer (EStG §9).
  • Ebenfalls wurde das steuerlich absetzbare Tagegeld von zwölf auf 14 Euro bei Auswärtstätigkeit und Abwesenheit von mehr als acht Stunden von der Wohnung oder der ersten Tätigkeitsstätte angehoben.

Komplizierte Vergütungsstaffelung

  • Referendarinnen und Referendare erhalten als diejenigen, die am wenigsten verdienen, nur 15 Cent pro gefahrenen Kilometer. Für diese Gruppe wird das Prinzip, dass dienstlich verursachte Reisekosten zur Gänze vom Dienstherrn auszugleichen sind, inzwischen verletzt. Ich frage mich auch, ob nicht gerade eine von der SPD geführte Landesregierung an dieser Stelle über soziale Gerechtigkeit nachdenken sollte.
  • Bei den anderen Lehrkräften sieht es nicht viel besser aus: Erstattet werden normalerweise 25 Cent pro gefahrenen Kilometer.
  • Nur bei einer Fahrleistung zwischen 3.000 und 10.000 km im Jahr können Lehrkräfte 35 Cent abrechnen, wenn ein Kfz „aus triftigem Grund überwiegend dienstlich genutzt“ wird. Alle diesbezüglich gestellten Altanträge haben allerdings Ende letzten Jahres ihre Gültigkeit verloren und müssten neu gestellt werden.

Für viele Abrechner von Reisekosten lohnt sich das Stellen eines neuen Antrages aber nicht, denn in Corona-Zeiten erledigen sie mehr digital und erreichen deswegen die 3.000 km Fahrleistung im Jahr nicht mehr. Das führt für diese Gruppe zu Einbußen von 10 Cent pro gefahrenen Kilometer. Das ist Geld, das ins Sparschwein des Landes geht und zur Entlastung des Landeshaushaltes führt.

Studienseminare besonders betroffen

Der Philologenverband hat insbesondere die Vielfahrer an den Studienseminaren im Blick: Für die Seminarleitungen, Fachleiter/-innen, Lehrbeauftragte und Referendare beziehungsweise Referendarinnen sind besonders häufig Dienstfahrten, vor allem zwischen dem Seminarstandort und den Standorten der Ausbildungsschulen, erforderlich. Die Landesregierung steht in der Pflicht, die Lehrerinnen und Lehrer des Landes nicht zu benachteiligen, sie hat auch genügend finanziellen Spielraum für eine längst überfällige Anhebung der Kilometerpauschale. Genau dazu ist sie jetzt aufgerufen.

Wie das Abitur in Rheinland-Pfalz krank macht

Die Hilferufe von Lehrkräften beziehungsweise ihrer Interessenvertretungen scheinen seit einigen Monaten im Ministerium für Bildung völlig überhört zu werden. Es ist an der Basis frustrierend, dass hier offenbar niemand in der Dauerbelastung gerade der Gymnasiallehrerinnen und -lehrer ein ernstes Problem erkennt.

Permanentes Ignorieren der Infektionsgefahr an den Schulen

Nach zwei Jahren Pandemie verlautbart das Ministerium noch immer, Schulen seien die sichersten Orte überhaupt. Infektionen fänden hier kaum statt, sondern würden von außen in die Schulen hineingetragen. Immer wieder lässt man sich für dieses Credo die gewünschte Bestätigung von wenigen handverlesenen Professoren geben. So muss man schließlich nicht investieren: Nicht in zusätzliches Personal, das man einstellen müsste, würde man Lerngruppen verkleinern, um die vom Robert-Koch-Institut empfohlenen Mindestabstände einhalten zu können, nicht in Luftreinigungsgeräte und über lange Phasen auch nicht in Corona-Schnelltests. Bis Dezember 2021 galt zum Beispiel, dass aus Kostengründen nur die ungeimpften Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte die zur Verfügung gestellten Selbsttests erhalten durften. Da in der Oberstufe sowie in den Klassenstufen 9 und 10 zu diesem Zeitpunkt aber die allermeisten Schülerinnen und Schüler bereits geimpft waren, wurden sie kaum noch getestet. So verwundert es nicht, wenn die Testung meist zu Hause und eher selten an der Schule zu dem Ergebnis kam: Corona positiv! Immerhin bewirkte eine konzertierte Empörung von Eltern-, Schüler-, und Lehrkräftevertretung die Änderung, dass man auf Antrag an Schulen nun freiwillig testen darf, auch wenn man bereits geimpft ist. Aber welche Prüflinge stellen schon einen solchen Antrag, wenn sie Gefahr laufen, in Quarantäne zu müssen und nicht an der schriftlichen Abiturprüfung teilnehmen zu dürfen? Sicherlich nicht die symptomfreien! Von einer hohen Dunkelziffer bei den Infektionen an unseren Gymnasien muss deshalb in diesem Zusammenhang ausgegangen werden.

Kräfteverschleiß bei der Neukonzeption der Abiturprüfungen

Nebenbei bemerkt: Nicht nur die Schülerinnen und Schüler, sondern natürlich auch die Lehrkräfte, die mit der Durchführung des Abiturs zu tun gehabt haben, hatten gar kein Interesse, Licht in das eben beschriebene Dunkel zu bringen. Und trotzdem: Im Vergleich zu 2021 gab es im Jahr 2022 mehr mit Corona infizierte Prüflinge, die das Abitur nicht sofort mitschreiben konnten, sondern für die Nachprüfungen anberaumt werden mussten. Schon vor der Corona-Krise hat der Philologenverband mit Hinweis auf die oftmals problematische Witterung im Monat Januar eine Terminierung des schriftlichen Abiturs in den Monaten Mai oder Juni gefordert. In der Pandemie kommt das wesentlich schwerwiegendere Argument der Hauptinfektionszeit im Winter hinzu. Auch hier verschließt sich die Landesregierung völlig, denn eine Verschiebung würde ja mit der Rückkehr zu 13 vollen Schuljahren an den G9-Gymnasien die Abschaffung der bundesweit einzigartig ausbeuterischen „Abitur-Vorhaltestunde“ bedeuten; ersatzweise müssten neue Lehrkräfte eingestellt werden. Stattdessen kann man ohne eine solche Maßnahme im Haushalt bei den Beamtengehältern sogar 2,3 Millionen Euro im Jahr 2022 einsparen (Einzelplan 09 23, Titel 422 01). Wir hatten als Verband gefordert, dass bei dem zu erwartenden Mehr an Nachschreibeterminen die Prüferinnen und Prüfer zumindest temporär entlastet werden müssen, zum Beispiel mittels eines Aufgabenpools, aus dem für einen solchen Fall Abiturklausuren entnommen werden können. Passiert ist in den letzten fünf Jahren aber offensichtlich nichts: Alles an die Schulen zu delegieren ist eben einfacher. Und so wurde das schriftliche Abitur 2022 zu einer Zumutung für die von zusätzlichen Nachschreibterminen betroffenen Lehrkräfte, zu einem beispiellosen Stresstest, der jede Fürsorgepflicht des Dienstherrn vermissen lässt und der letztlich krank macht. Bis zu vier Klausuren mussten binnen weniger Tage neu konzipiert und eingereicht werden: Aufgabenstellungen, Materialien, Erwartungshorizonte, Formblätter – nicht selten 40 Seiten und mehr.Entgegen kommen des Ministeriums? - Nur der Hinweis auf die Gewährung eines möglichen Korrekturtages seitens der Schulleitung; nicht neu, weil schon vor Jahren vom Philologenverband ausgehandelt. Kaum wirkliche Hilfen also: Die Anzahl der einzureichenden Klausurvorschläge wurde nicht reduziert - man bestand für die Nachschreibklausuren sogar auf der „Papierkorbklausur“, die man aus den eingereichten Vorschlägen seitens der Abiturauswahlkommission anschließend entnahm. Schikane - oder traut man Gymnasiallehrkräften nicht mehr zu, dass sie ihre Arbeit ordentlich erledigen? Der Gipfel der Zumutung: Im Fach Deutsch gab es keinen Ersatz für die zentral gestellte Klausur. Womit die Deutschlehrkraft in den vergangenen Jahren nichts zu tun hatte, wurde ihr im Pandemiestress noch obendrauf gepackt.

Dauerstress macht krank und Beihilfe kostet …

Der Landeshaushalt sieht für das Jahr 2022 (Einzelplan 09 19, Titel 441 12) Beihilfeausgaben für alle Lehrkräfte von 132,9 Millionen Euro vor – eine Steigerung um rund 6,2 Millionen Euro oder knapp fünf Prozent binnen eines Jahres. Langsam aber sicher verfestigt sich der Eindruck, dass die Landesregierung lieber eine Steigerung krankheitsbedingter Kosten beim Lehrpersonal einkalkuliert, anstatt Lehrerinnen und Lehrer in vielerlei Hinsicht zu entlasten und damit in Qualitätssicherung zu investieren.

Sitzung des Bildungsausschusses am 03.05.2019 an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz

Unter der Leitung des Bildungsreferenten Ralf Hoffmann diskutierten die Mitglieder des Bildungsausschusses mit den Referenten Kathrin Dupré (Hochschule Mainz) und Prof. Dr. Stephan Jolie (Vizepräsident der JGU Mainz). Ein ausführlicher Bericht erscheint in der Sommerausgabe des "Blick ins Gymnasium".

Preisverleihung Certamen Rheno-Palatinum

Grußwort von Ralf Hoffmann, Bildungsreferent

Liebe Schülerinnen und Schüler, verehrte Festgäste,

auch ich habe damals in der Schule Latein gelernt, aber das liegt mehr als 30 Jahre zurück, und von den Lateinkenntnissen von einst sind nur noch Bruchstücke geblieben. Um einige lateinische Sprichwörter in meine Rede einzubauen wie „non scholae, sed vitae discimus - nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir“ habe ich mir sicherheitshalber das Buch von Gerald Drews „Latein für Angeber“ gekauft. Der Autor schreibt in seinem Vorwort, längst habe er seinem Lateinlehrer die Fünf minus im Abiturzeugnis verziehen, denn es gelte ja „errare humanum est - irren ist menschlich.“

Wenn ihm also gelingt, mit einer Fünf minus in Latein einen Bestseller zu schreiben, um wieviel mehr dürfen wir dann von euch, liebe Schülerinnen und Schüler, erwarten?

Der Philologenverband Rheinland-Pfalz vertritt die Interessen der Gymnasiallehrerinnen und Gymnasiallehrer und vergibt traditionell den Paul-Pöstgens-Preis für besondere Leistungen in den Alten Sprachen. Er erinnert an Dr. Paul Pöstgens, einen engagierten Philologen, der zwischen 1937 und 1953 Gymnasiallehrer in Trier und danach bis 1972 Leiter der Gymnasialabteilung des Kultusministeriums in Mainz gewesen ist.

Aus dem Griechischen abgeleitet sind „Philologen“ „Freunde des Wortes“. Und tatsächlich: Bei ihrer Arbeit müssen sie jedes Wort bewusst wählen, um etwas zu erreichen.

Wie im Lateinischen kommt es da auch auf die Grammatik an - zum Beispiel auf die sorgfältige Verwendung des Konjunktivs bei der Argumentation und der Positionierung in bildungspolitischen Fragen.

Leider gilt in Gesprächen mit dem Bildungsministerium oder der ADD nur selten „si tacuisses, philosophus mansisses - hättest du geschwiegen, wärest du ein Philosoph geblieben“.

Meistens kommt es nämlich darauf an, für ein starkes Gymnasium zu plädieren und zu streiten, und da bedarf es eher der kämpferischen Redekunst eines Cicero.

Der Spruch stimmt lediglich dann, wenn zum Beispiel einmal keine neuen Reformen anstehen, dann darf man auch einmal schweigen, dann kann gelten „quieta non movere - was ruht, soll man nicht stören“.

Obwohl Platon und Aristoteles vor rund 2.400 Jahren gelebt haben, kann man noch heute als Philologe von der Rhetorik, Philosophie und Logik der griechischen Antike profitieren. Es gilt: „Ars longa, vita brevis - die Kunst ist von Dauer, das Leben ist kurz.“

Allein diese wenigen Gedanken zeigen, dass es sich bei Latein und Griechisch nicht um „tote“ Sprachen handelt, für die gelten müsste „de mortius nihil nisi bene - über Tote soll man nur Gutes reden“.

Die Sprachen und ihr kultureller Kontext leben bis heute fort. Sie leben fort nicht nur im Vatikan, sondern auch im Alltag, in den modernen romanischen Sprachen Französisch, Spanisch oder Italienisch und in den Fachsprachen zum Beispiel der Biologie oder der Medizin.

Die diesjährige Preisträgerin des Sonderpreises des Philologenverbands, Kathleen Bischoff von St.-Franziskus-Gymnasium Kaiserslautern, stellt in ihrer Hausarbeit den Bezug zur Medizin her. Der Eid des Hippokrates war beispielsweise nicht nur in der griechischen und römischen Antike ethisch relevant; er ist es noch heute.

Gelegentlich fordert die Landesschülervertretung, man müsse den klassischen Fächerkanon in der Schule umstellen, um wirklich etwas fürs Leben zu lernen. Für sinnvoll wird erachtet, in der Schule zu lernen, wie man Mietverträge abschließt, eine Steuererklärung macht oder digitale Medien nutzt.

Diese Positionierung ist problematisch, wenn sie Streichlisten generiert, die unter anderem auch die Alten Sprachen umfassen. Sie ist dagegen bedenkenswert, wenn sie die geforderten Inhalte an den klassischen Fächerkanon anbindet. Nichts spricht beispielsweise dagegen, dass im Lateinunterricht moderne Medien zum Einsatz kommen.

Die lateinischen Motive „exercitatio artem parat - Übung macht den Meister“ und „gaudeamus igitur, iuvenes dum sumus - daher lasst uns lustig sein, solange wir noch jung sind“ müssen keine Gegensätze sein.

Das zeigt auch der Wettbewerb „Certamen Rheno Palatinum“, und deswegen möchte ich mich bei den Veranstaltern, dem Deutschen Altphilologenverband und dem Ministerium für Bildung, für die Durchführung bedanken. Der Wettbewerb ist ein wertvoller Beitrag, alte Sprachen und Kultur zu bewahren, zu pflegen und für die heutige Zeit fruchtbar zu machen.

Sonderpreise bei Fremdsprachenwettbewerben überreicht

von Ralf Hoffmann, Bildungsreferent

Der Philologenverband Rheinland-Pfalz vergab auch in diesem Jahr wieder seine mit jeweils 250 Euro dotierten Sonderpreise bei den Bundeswettbewerben Fremdsprachen in den Fächern Englisch und Französisch sowie beim altsprachlichen Wettbewerb „Certamen Rheno Palatinum“.

Die Förderung des Erlernens moderner Fremdsprachen ist heute mehr denn je relevant. Die Herkunftssprachen sind in Deutschland im Kontext von Migration, Flucht und Vertreibung vielfältiger geworden, und die Anstrengung, Sprachen zu erlernen, um sich kommunikativ Fremdem zu öffnen, ist eine größere Herausforderung als je zuvor. Eine Herausforderung für alle, die sich in Deutschland integrieren wollen, aber auch für alle, die Integrationshilfe leisten.

Unser Land sieht außer dem Deutschlernen für Zuwanderer auch einen Wert in der Pflege der Herkunftssprachen. Zu Griechisch, Albanisch oder Serbisch könnten bald Arabisch oder Persisch beim herkunftssprachlichen Unterricht hinzukommen.

Der herkunftssprachliche Unterricht ist aber nicht als Konkurrenz zu den klassischen ersten und zweiten Fremdsprachen an den Schulen zu verstehen, sondern als fakultatives, zusätzliches Angebot.

Den beiden Weltsprachen Englisch und Französisch kommt weiterhin eine herausragende Bedeutung zu; sie sind fest im deutschen Schulsystem verankert. Insbesondere das Englische hat auch für viele Flüchtlinge eine Brückenfunktion für das Erlernen der deutschen Sprache und damit für die Integration in Deutschland.

Wozu aber noch Latein oder gar Altgriechisch lernen? – Dieser Frage geht einerseits das in dieser Ausgabe des „Blick ins Gymnasium“ abgedruckte Grußwort zur Preisverleihung des PhV-Sonderpreises im Fach Latein nach, andererseits möchte ich aber anlässlich des 250. Geburtstages von Wilhelm von Humboldt zudem daran erinnern, dass Bildung nicht nur zweckgebunden konzipiert werden sollte, sondern auch persönlichkeitsorientiert.

Sprachen lernen bedeutet immer eine Kraftanstrengung und Herausforderung. Allen, die die Mühe auf sich genommen haben und noch auf sich nehmen werden, gebührt deswegen Dank, weil sie mit dem Lernen einer fremden Sprache einen wesentlichen Beitrag für ein tolerantes und friedvolles Miteinander leisten; den Veranstaltern der Wettbewerbe gebührt Dank, weil sie die entsprechende Motivation fördern.

Ein weiterer Dank geht auch an alle betreuenden Lehrkräfte, die sich immer wieder neu über den Unterricht hinaus für ihre Schülerinnen und Schüler engagieren.

Den Preisträgerinnen des vergangenen Schuljahres gratuliert der Philologenverband Rheinland-Pfalz herzlich:

Kathleen Bischoff, Priv. St. Franziskus-Gymnasium Kaiserslautern (Latein), Preisverleihung am 3. Mai 2017 im Koblenzer Rathaus,

Selina Dahler, Auguste-Victoria-Gymnasium Trier (Französisch), Preisverleihung am 24. Mai im Festsaal der ADD Trier,

Linda Kneib, Priv. Maria-Ward-Schule Mainz (Englisch), Preisverleihung am 2. Juni im Mainzer Otto-Schott-Gymnasium.

Letzte Hilfe – Wenn Kommerzialisierung Qualität zerstört

Bundesinnenministerium gefährdet solide Erste-Hilfe-Ausbildung

von Ralf Hoffmann, Bildungsreferent 

Seit 2013 will die Kultusministerkonferenz (KMK) eine Ausbildung in erster Hilfe im Rahmen des Schulunterrichtes, konkreter gesagt empfiehlt der 395. Schulausschuss der KMK das Üben der Reanimation im Umfang von zwei Unterrichtsstunden pro Schuljahr in den Klassenstufen 7 bis 10.

In diesem Kontext ist es grundsätzlich hilfreich, dass das Bundesministerium des Innern (BMI) über das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe die Ausbildung „Erste Hilfe mit Selbstschutzinhalten“ in der Art bezuschusst, dass sie für die Schülerinnen und Schüler der Klassen 9 oder 10 kostenfrei angeboten werden kann und zudem noch eine Teilnahmebescheinigung erworben wird, die vor der Führerscheinprüfung verlangt wird.

BMI bedroht funktionierendes Netzwerk

Bis ins Jahr 2014 gingen die Bundesmittel in Rheinland-Pfalz an Hilfsorganisationen wie zuletzt an das Deutsche Rote Kreuz, die auf ehrenamtlicher Ebene eng mit vielen Schulen kooperieren. Dann die Wende: Die Wegnahme der finanziellen Förderung von den Hilfsorganisationen und die Zuweisung an einen privaten Anbieter, die Firma „Kurszeit“ in Duisburg. Diese Maßnahme erscheint nicht nur suspekt, sondern ist völlig unverantwortlich: Sie greift massiv ein funktionierendes Netzwerk zwischen Vereinen, Verbänden und Schulen an, das immer auf ehrenamtliches Engagement großen Wert gelegt hat. Malteser, Johanniter, Arbeiter-Samariter-Bund oder das Deutsche Rote Kreuz sind an vielen Schulen präsent, und zwar nicht nur, wenn es um die Erste-Hilfe-Ausbildung geht, sondern auch bei Sanitätseinsätzen bei schulischen Großveranstaltungen, im Bereich Krisenprävention oder bei der Förderung von Arbeitsgemeinschaften zum Beispiel in den Bereichen Schulsanitätsdienst und Streitschlichtung.

BMI fördert mangelhafte Kompetenzen

Die Unterweisung in erster Hilfe durch Ausbilder/-innen der Firma „Kurszeit“ hat sich wiederholt als methodisch und inhaltlich mangelhaft erwiesen, wie diverse Rückmeldungen ergeben haben:

Die Ausstattung der Ausbilder/-innen mit Materialien zwecks Veranschaulichung ist - offensichtlich aus kommerziellen Gründen - absolut unzureichend: Veranschaulichende Folien oder digitale Medien sind nicht vorhanden gewesen; stattdessen sind von den Schulen am Ausbildungsmorgen kurzfristig Kopien, Kreide oder Magnete erbeten worden.

In mehreren Fällen ist keine ausreichende Anzahl an Ausbildern geschickt worden, sodass die Größe der Lerngruppen aufgrund von Klassenzusammenlegungen teils auf über 35 gestiegen ist.

Viele Maßnahmen, die gezeigt worden sind, haben nur bedingt mit den von der Bundesarbeitsgemeinschaft Erste Hilfe erarbeiteten Lehraussagen zu tun, sondern müssen als äußerst problematisch eingestuft werden: Das falsch gezeigte Überstrecken des Kopfes von Bewusstlosen bei der Stabilen Seitenlage wäre im Ernstfall mit Sicherheit tödlich.

Studenten, die die Firma „Kurszeit“ im Schnelldurchgang zu Ausbildern schult, können logischerweise nicht ansatzweise die Expertise mitbringen, die die Repräsentanten der Hilfsorganisationen im Ausbildungsbereich anbieten.

BMI toleriert Gesundheitsgefährdung

Pro Lerngruppe ist die Beatmung am Phantom mit einer einzigen Maske durchgeführt worden. Das jedem Teilnehmer ausgeteilte, kostensparende Mundschutz-Vlies, ein 5-Cent-Artikel, schützt nicht vor gegenseitiger Ansteckung mit Infektionskrankheiten. Mit diesem Vorgehen werden sämtliche Desinfektionsvorschriften ignoriert und die Gefährdung der Gesundheit unserer Schülerinnen und Schüler billigend in Kauf genommen.

Mit Steuergeldern seriöse Anbieter und das Ehrenamt fördern

Im krassen Widerspruch zur Vergabe der Fördergelder an die private Firma „Kurszeit“ stehen die Verlautbarungen auf der Homepage des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe: Hier wird als Aufgabe ausdrücklich die Förderung des Ehrenamtes angepriesen und die Bedeutung der Hilfsorganisationen für den Zivil- und Katastrophenschutz wird gewürdigt.

Der Philologenverband Rheinland-Pfalz fordert die Landesregierung dazu auf, dafür Sorge zu tragen, dass das Bundesministerium des Inneren künftig wieder etablierte Hilfsorganisationen mit der Ausbildung in „Erste Hilfe mit Selbstschutzinhalten“ beauftragt; die Firma „Kurszeit“ weiterhin an unseren Schulen agieren zu lassen, wäre jedenfalls völlig unverantwortlich.

Perspektiven bei der Beschulung von Flüchtlingskindern

von Ralf Hoffmann, Bildungsreferent

Auf der Tagung des Bildungsausschusses des Philologenverbands am 24. April 2017 in Mainz präsentierte die Leiterin der Gymnasialabteilung beim Ministerium für Bildung, MinDg´ Barbara Mathea, zunächst aktuelle Zahlen für Rheinland-Pfalz: Rund 20.000 Asylbegehrende wurden im Zeitraum von Januar 2016 bis Juni 2017 dem Land zugewiesen (zuletzt etwa 700 monatlich); darunter sind etwa 1.900 schulpflichtige Jungen und 1.200 schulpflichtige Mädchen. Etwa 1.700 lernen derzeit Deutsch in den vom Land eingerichteten Sprachförderkursen. 900 davon nehmen an einem Intensivkurs Deutsch (24 Wochenstunden) teil.

Das Problem: Ressourcen für individuelle Förderung fehlen

Ein Teil der Schülerinnen und Schüler ist inzwischen im Regelunterricht angekommen; an den Gymnasien - so ergeben Umfragen des Philologenverbands - sind es durchschnittlich etwa zehn pro Schule. Sorgen bereitet hier, wie die Kinder und Jugendlichen individuell gefördert werden können. Die Heterogenität werde - so moniert eine Gymnasiallehrerin von einer Integrierten Gesamtschule - immer größer, sodass sich Kolleginnen und Kollegen zurückzögen, weil die Aufgaben nicht mehr zu bewältigen seien und jegliche Unterstützung fehle.

Die Erfahrungen der 22 an der Tagung teilnehmenden Lehrkräfte aus allen Regionen des Landes bestätigen grundsätzlich, dass die erworbenen Deutschkenntnisse der Flüchtlingskinder bei weitem nicht ausreichen, um im regulären Unterricht folgen zu können oder um schriftliche Hausaufgaben oder Klausuren in deutscher Sprache zu bewältigen. Die zusätzlichen, seitens des Landes angebotenen Sprachförderkurse in den Osterferien sind zwar begrüßenswert, letztlich aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Zwar gibt es vereinzelt hoffnungsvoll stimmende Beobachtungen wie gute Kenntnisse im Fach Mathematik bei einigen Syrern, bei einem großen Teil der Kinder aus den Bürgerkriegsgebieten muss aber konstatiert werden, dass sie in den letzten Jahren gar keine Möglichkeit hatten, regulär eine Schule zu besuchen. Neben der Sprachbarriere sind also in vielen Fällen auch fachliche Defizite ein gravierendes Problem.

Lösungsstrategien

Was würden Sie machen, wenn Sie beliebig viel Geld hätten? - Diese Frage leitete die Suche nach Lösungsstrategien für die Flüchtlingskinderbeschulung ein.

1. Personelle Ressourcen schaffen bzw. nutzen

76 unbefristete Stellen sind über alle Schularten hinweg zusätzlich für die Beschulung von Flüchtlingskindern geschaffen worden; auf das Gymnasium sind davon lediglich sechs entfallen, obwohl gerade hier qualitativ die größten Herausforderungen zu meistern sind. Es gibt also erheblichen Nachholbedarf bei der Schaffung von Planstellen für Gymnasiallehrkräfte.

Für die Sprachkurse an den Schulen, die zur Hochschulreife führen, wäre erforderlich, dass sie von Lehrkräften mit der Zusatzqualifikation „Deutsch als Zweitsprache“ oder „Deutsch als Fremdsprache“ unterrichtet werden. Es kann nicht sein, dass qualifizierte Lehrkräfte vor Ort sind - immerhin gibt es über 500 mit der Zusatzqualifikation im Land -, aber nicht eingesetzt werden. Sie erteilen ausschließlich regulären Unterricht, während man für die Sprachkurse oftmals nicht auf Lehramtsabsolventen zurückgreift, sondern befristete Arbeitsverträge im Niedriglohnsektor abschließt.

Der Bildungsausschuss des Philologenverbands empfiehlt ferner die Schaffung von Lernpatensystemen, in die Lehrkräfte, Schülerschaft und Eltern eingebunden werden könnten.

2. Strukturelle Voraussetzungen schaffen

Die von der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Johanna Wanka, angedachte Einführung einer Migrantenquote - diskutiert werden maximal 35 Prozent pro Klasse - muss im Rahmen von Bemühungen verstanden werden, Integration zu bewältigen und Leistungsabfall zu verhindern. An den Gymnasien in Rheinland-Pfalz lässt sich wegen der noch überschaubaren Zahl an Flüchtlingskindern eine ausgewogene Verteilung auf die verschiedenen Klassen von der Schulleitung vor Ort ohne Quotenfestlegung regeln.

Soll individuelle Förderung von Flüchtlingskindern gelingen, muss vor allem bei einer Verkleinerung der Klassen angesetzt werden. Dass am Gymnasium noch immer die Klassenmesszahl bei 30 liegt, ist bei ständig steigender Heterogenität der Schülerschaft kontraproduktiv. Die bereits versprochene Absenkung des Klassenteilers auf 25 ist nicht nur überfällig, sondern in dem neuen Kontext dringend geboten. Der Philologenverband fordert dies vehement auf Landes- und Bundesebene.

3. Vorhandene Strukturen nutzen

Stefan Mischo vom Staatlichen Eifel-Gymnasium Neuerburg wies auf der Tagung darauf hin, dass es Schulen gebe, die die erforderlichen Strukturen für eine sprachliche Integration anbieten könnten. Seine eigene Schule wirbt beispielsweise mit gezielter Förderung, Binnendifferenzierung und sprachsensiblem Fachunterricht, also mit Strukturen, die aufgrund der über Jahrzehnte geleisteten Beschulung der Kinder von Spätaussiedlern aus Russland entstanden sind: Ein einjähriger Deutschkurs führe zum Sprachniveau B1 bis B2, anschließend gebe es die Möglichkeit, die Aufbauklasse des Gymnasiums (10 A1) zu besuchen. Den Kurs Englisch als Anfangssprache gebe es in der Jahrgangsstufe 11. Für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Alter von 15 bis 19 Jahren wäre das angegliederte Internat ideal und zudem die Kosten in Höhe von 270 € / Monat mit Vollpension überschaubar und ggf. über BaföG finanzierbar. Eine Zuweisung der entsprechenden Schülerklientel sollte gezielt an derartige Schulstandorte erfolgen.

4. Hinführung zum Schulabschluss - Netzwerke ausbauen

Bei allen Bemühungen an unseren Gymnasien wird damit zu rechnen sein, dass nach dem Einsetzen der erforderlichen Benotung im Regelunterricht nach einem individuell flexiblen Zeitfenster viele Flüchtlingskinder eine andere Schullaufbahn einschlagen werden. Übergeordnetes Ziel muss es aber sein, allen Kindern und Jugendlichen einen Schulabschluss zu ermöglichen. Der Bildungsausschuss empfiehlt zu diesem Zweck, bereits bestehende Netzwerke auszubauen. Die Kooperation in Sachen Berufsorientierung sollte insbesondere mit Berufsbildenden Schulen, mit Handwerks- und mittelständischen Gewerbe- aber auch mit größeren Industriebetrieben erfolgen.

VRB und PhV sind auch beim Thema digitale Bildung einig

von Ralf Hoffmann, Bildungsreferent

Der Verband Reale Bildung (VRB) hatte zu seinem 7. Ingelheimer Fachkongress, der am 16. März unter dem Motto „Schule 4.0 – Vernetztes Lernen in einer digitalen Welt“ stand, traditionell auch wieder den Philologenverband (PhV) eingeladen.

Die sechs Workshops des Vormittages „Vernetztes Lernen im mobilen Klassenzimmer am Beispiel von Moodle“, „Bring your own device in Theorie und Praxis“, „Digitale Medien in der Berufsorientierung“, „Tablet-Klassen - eine neue Herausforderung“, „Das digitale Klassenbuch“ und „Der Einsatz digitaler Medien im Spannungsfeld zwischen Pädagogik und Recht“ stellten sich den Herausforderungen eines modernen, kompetenzorientierten Unterrichts. Am Nachmittag präsentierte Dr. Hubert Zitt von der Hochschule Kaiserslautern am Beispiel der Science-Fiction-Serie „Star Treck“ wie aus technischen Visionen Realität wurde.

Sowohl Zitt als auch der Vorsitzende des VRB, Timo Lichtenthäler, plädierten bei aller Technikbegeisterung dafür, dass der Mensch im Mittelpunkt bleiben müsse; Lehrkräfte seien nicht durch Apps ersetzbar und persönliche Kommunikation müsse immer Priorität vor digitaler haben.

Auch bei den folgenden Forderungen vertraten sie gemeinsame Überzeugungen mit dem Philologenverband:

Die Schaffung einer digitalen Infrastruktur ist vor allem Ländersache, insbesondere nach der aktuellen Kürzung der Mittel des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in diesem Bereich. Hierzu gehören der Aufbau digitaler Kompetenzen an Schulen, ohne die Lehrkräfte zu überfordern. Hilfreich wäre unter anderem die flächendeckende Wiedereinführung Technischer Assistentinnen und Assistenten. PhV und VRB plädieren außerdem für eine Ausweitung des Fortbildungsangebotes im Bereich digitaler Medien. Es bedarf einer digitalen Evolution an den Schulen, keiner Revolution; die althergebrachte Kreidetafel kann durchaus im Wechsel mit Whiteboard und Beamer für eine gesunde mediale Mischung stehen. An vielen Schulen besteht auch weiterhin Ressourcenbedarf im Hardware- und im datenschutzsicheren Softwarebereich.

Theatermittel kürzen = Bildungsmittel kürzen

von Ralf Hoffmann, Bildungsreferent

Actio: Dem Neuwieder Schlosstheater drohte zu Jahresbeginn das Aus: Das Land wollte seine Zuschüsse für das laufende Jahr um 50.000 € kürzen und in 2018 noch einmal um 100.000 €. Der Staatssekretär im Wissenschaftsministerium, Prof. Dr. Salvatore Barbaro, hatte bereits am 06. Januar 2017 im SWR-Fernsehen die vorgesehenen Kürzungen mit Hinweis auf die Notwendigkeit struktureller Veränderungen gerechtfertigt.

Reactio: Auch wenn seit seinem Amtsantritt im Mai 2016 sein Ministerium vom „Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur“ (MBWWK) abgetrennt wurde und sich nicht mehr „Bildungsministerium“ nennt, darf es natürlich nicht sein, dass kulturelle Angebote, die für Bildung relevant sind, auf die Streichliste kommen.

Aus diesem Grund ergriff der Philologenverband die Initiative, um das Theater zu unterstützen. Unter anderem erschien in der Rhein-Zeitung am 10.01.2017 folgender Leserbrief:

„Gefährdet“

Nicht genug, dass das Bildungsministerium mehr als 300 Stellen bei den Lehrkräften abbaut, obwohl noch immer Unterricht ausfällt; jetzt gefährdet es auch die Existenz des Schlosstheaters in Neuwied. Muss man hier Geld einsparen, das die Landesregierung der KPMG-Wirtschaftsprüfungsgesellschaft für deren Expertisen zum Flughafen Hahn gezahlt hat? Ist man sich im Bildungsministerium überhaupt darüber bewusst, dass man mit dieser Kürzung auch die Unterrichtsqualität an vielen Schulen im nördlichen Rheinland-Pfalz angreift? Lektüre aus dem Deutschunterricht auf der Bühne zu sehen, hinterlässt nachhaltige Eindrücke bei Schülern. „Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen - den Vorhang zu und alle Fragen offen“ gilt dabei vielleicht bei Bertolt Brecht, nicht aber wenn die Schauspieler und der Intendant Walter Ullrich nach der Vorstellung für Fragen den Schulgruppen zur Verfügung stehen.

Ralf Hoffmann, Nauort

Conclusio: Erfreulicherweise kam bereits am 12. Januar die Kehrtwende: Man verzichtet auf die vorgesehenen Kürzungen und sichert damit die Existenz des Schlosstheaters. Der Philologenverband freut sich über den Erfolg und begrüßt die Entscheidung ausdrücklich: Engagierten Lehrerinnen und Lehrern bleibt ein für den Unterricht relevantes Exkursionsziel erhalten; sie können ihre Lerngruppen nun weiterhin an diesen interessanten außerschulischen Lernort nach Neuwied führen.

Jungen Flüchtlingen Bildungswege weisen

von Ralf Hoffmann, Bildungsreferent

Wenn vor den Türen eines Gymnasiums im nordrhein-westfälischen Troisdorf rund 20 junge Flüchtlinge stehen, die keine Behörde geschickt hat, sondern die ganz von allein auf die Idee gekommen sind, sich bei der Schule zu melden, dann macht das nachdenklich. Es macht einerseits Hoffnung, weil hier Jugendliche ihren Integrationswillen zeigen und sich aktiv und selbstbewusst um ihre schulische Laufbahn kümmern, andererseits zeigt es das Versagen der Kultusbürokratie, die angesichts der vielen jungen, schulpflichtigen Flüchtlinge völlig überfordert ist. Die Zuständigkeiten für eine Schulzuweisung sind unklar, die Konzepte für eine Beschulung im Regelunterricht völlig unzureichend. Für diese chaotische Situation in Nordrhein-Westfalen die Federführung der Grünen im Bildungsressort als Ursache zu sehen, wäre aber zu monokausal betrachtet.

Auch in Rheinland-Pfalz arbeitet man immer wieder aufs Neue damit, die Verantwortung an die Schulen zu delegieren, natürlich zum Nulltarif. Was hier zu tun ist, bleibt letztlich der jeweiligen Schulleitung überlassen. Vor Ort gelingt es aber oft nicht einmal, die Bildungskarrieren der Flüchtlingskinder zu rekonstruieren – Zeugnisse aus den Herkunftsländern liegen in den wenigsten Fällen vor. Von den derzeit 415.300 Schülerinnen und Schülern in Rheinland-Pfalz im aktuellen Schuljahr 2016/17 haben nach Angaben des Statistischen Landesamtes 80.300 (19,4%) einen Migrationshintergrund (plus 1,5% im Vergleich zu 2015/16). Bei einem großen Teil von ihnen bleibt es zunächst dem Zufall überlassen, ob sie an der Schulart unterrichtet werden, die ihrer Begabung und ihrem Leistungsvermögen entspricht, weil standardisierte Eignungstests fehlen.

Erst Deutsch lernen

Immerhin ist unumstritten: Das Erlernen der deutschen Sprache steht am Anfang im Mittelpunkt des schulischen Lebens der Neuankömmlinge. Für Schülerinnen und Schüler ohne Deutschkenntnisse leisten die Deutsch-Intensivkurse mit Prüfungen auf verschiedenen Niveaus (A1 bis C2) über den Spracherwerb einen wichtigen Integrationsbeitrag.

Weil in Rheinland-Pfalz die jungen Flüchtlinge soweit möglich in den Regelunterricht integriert werden sollen, gibt es hier ein gestaffeltes System: Je nach Deutschkenntnissen ist eine Förderung von zwei oder vier Stunden oder in Kursen mit fünf bis 14 bzw. im Deutsch-Intensivkurs mit 15-20 Wochenstunden vorgesehen.

An den Gymnasien in Rheinland-Pfalz wurde am Ende des vergangenen Schuljahres für 1.311 schulpflichtige Flüchtlingskinder Deutsch-Förderunterricht erteilt.

Die Kritik des Philologenverbands Rheinland-Pfalz

Für die Lehrkräfte, die mit den jungen Flüchtlingen Deutsch lernen, ist keine Qualifikation erforderlich. Viele unterrichten mit Zeitverträgen zu Hungerlöhnen. Für hunderte arbeitsloser Gymnasiallehrkräfte mit Zweitem Staatsexamen im Fach Deutsch gibt es deswegen keine Hoffnung auf neue Planstellen für diese wichtige Aufgabe. Wegen der „Schuldenbremse“ wird weiter an der völlig falschen Stelle gespart. Selbst Lehrkräfte mit Zusatzzertifikat „Deutsch als Zweitsprache (DAZ)“ oder „Deutsch als Fremdsprache (DAF)“ kommen kaum zum Einsatz; für sie ist lediglich über alle Schularten hinweg ein Pool von landesweit zunächst 50 Planstellen geschaffen worden. Da die meisten Flüchtlingskinder an Grundschulen, Realschulen plus und Berufsschulen unterrichtet werden, ist der Anteil der gymnasialen Planstellen verschwindend gering.

Gymnasiale Perspektiven nicht unmöglich, aber schwierig

Viele junge Flüchtlinge befinden sich derzeit noch in Deutsch-Intensivkursen. Bereits im kommenden Schuljahr 2017/18 wird aber die Zahl derer, die nicht mehr nur in einzelnen Stunden, sondern komplett im Regelunterricht beschult werden, erheblich steigen.

In der Regel reichen die bis dahin erworbenen Deutschkenntnisse nicht aus, um schriftliche Klausuren am Gymnasium erfolgreich bewältigen zu können. Das Aussetzen der Noten über einen gewissen Zeitraum ist dann natürlich eine schulordnungskonforme pädagogische Möglichkeit; besorgniserregend ist aber, wenn dieses Mittel an den ersten Gymnasien auch langfristig - über mehrere Schuljahre hinweg - schon als beschlossene Sache gilt. Eine solche Vorgabe kann leicht Gerechtigkeits- und Motivationsprobleme in immer heterogener werdenden Lerngruppen provozieren. Man kann außerdem nur hoffen, dass die Flüchtlingskinderbeschulung nicht als Vorwand missbraucht werden wird, um die Forderung „eine Schule für alle ohne Benotung“ aus der bildungspolitischen Mottenkiste herauszuholen.

Ein weiteres Problem: Eine individuelle Förderung junger Flüchtlinge, die keine oder nur eine unzureichende Schulbildung aus ihren Herkunftsländern mitbringen, kann nicht deren Defizite in dem für einen gymnasialen Erfolg erforderlichen Umfang beseitigen, zumindest nicht in dem vorgegebenen engen schulischen Zeitfenster.

Junge Flüchtlinge ziel- und kompetenzorientiert zur Berufsreife führen

Es wird nach dem Absolvieren der Deutsch-Kurse im schulischen Alltag immer wieder darum gehen, den jungen Flüchtlingen Perspektiven aufzuzeigen, und zwar über die Versetzung am Schuljahresende hinaus.

Nichts wäre schlimmer als hunderttausende integrationswilliger junger Menschen nach zwei Jahren intensiven Erlernens der deutschen Sprache nicht zu einem Schulabschluss führen zu können. Die dann zu erwartende Arbeits- und Perspektivlosigkeit wäre nämlich der Nährboden für islamistischen Extremismus.

Wenn man also eine sich radikalisierende Parallelgesellschaft in Deutschland verhindern will, wenn man stattdessen will, dass Integration - auch in den Arbeitsmarkt - gelingt und die überalterte Gesellschaft in Deutschland von Migration profitiert, dann muss man die Kinder und Jugendlichen, die vor Krieg und Verfolgung geflohen sind, verantwortungsbewusst führen.

Dringend geboten ist also die Hinführung zu einem Schulabschluss, und zwar zu einem Schulabschluss, der zur Berufsreife führt. In Nordrhein-Westfalen hat das Ministerium für Schule und Weiterbildung diese Aufgabe an die Kommunen delegiert. So bietet z.B. die Stadt Bonn jungen Menschen mit Migrationshintergrund außerschulische Prüfungen zum Erwerb des Hauptschulabschlusses an. Prüfungen zum qualifizierten Abschluss der Sekundarstufe I führen die Bezirksregierungen durch.

Die Hinführung von Flüchtlingskindern zum Abitur und zum Hochschulstudium ist wegen der von Jahr zu Jahr problematischeren Akademikerschwemme in Deutschland nicht anzustreben. Der kürzeste Weg in den Beruf wird den Kompetenzen der meisten Flüchtlingskinder eher gerecht als die Vorbereitung auf eine akademische Laufbahn; zudem kann die Chance genutzt werden, endlich wieder Lehrstellen besetzen zu können und Handwerker zu gewinnen, die in absehbarer Zeit in Deutschland dringend benötigt werden.

Wegweisende Instrumentarien in Rheinland-Pfalz ausbauen

In einer Zeit, in der binnen zwei Jahren 1,5 Millionen Asylantragsteller nach Deutschland gekommen sind, ist es unerlässlich, bildungspolitisch in den Bundesländern und über deren Grenzen hinweg vorausschauend und verantwortungsbewusst zu agieren. Das verlangt nach Konzepten (z.B. Unterrichtsprogramme für Lerngruppen mit Schülerinnen und Schülern mit Migrationserfahrung oder Lernprogramme für den individuellen Förderunterricht), nach klaren Vorgaben und nach Investitionen im Bildungsbereich.

In Rheinland-Pfalz sollte das Projekt „Keiner ohne Abschluss“ auf die Flüchtlingskinder ausgeweitet werden. Hier werden erhebliche personelle und materielle Kraftanstrengungen erforderlich werden. Entlastungsstunden für die in dem Bereich engagierten Lehrkräfte reichen alleine nicht aus; es bedarf neuer Plan- und Funktionsstellen zur Bewältigung der anstehenden Aufgaben.

Das Aus- und Fortbildungsangebot des Pädagogischen Landesinstitutes für Lehrkräfte muss in zweifacher Hinsicht erheblich ausgebaut werden: Erforderlich sind einerseits wesentlich mehr Lehrgänge „Deutsch als Zweitsprache“ und andererseits die Ausbildung von Lehrkräften für den stark beworbenen „muttersprachlichen Unterricht“. Um hier ein flächendeckendes Angebot machen zu können, reichen die landesweit knapp 150 Lehrkräfte für alle Herkunftssprachen der Migrantinnen und Migranten bei weitem nicht aus.

Bildungsministerin Stefanie Hubig will die „Potenzialanalyse“, die ja zur Kompetenzfindung für jugendliche Schülerinnen und Schüler beitragen soll, in allen siebten Klassenstufen etablieren. Für Flüchtlingskinder könnte im Hinblick auf deren berufliche Orientierung eine modifizierte Potenzialanalyse sinnvoll sein. Eine Anpassung an die neue Zielgruppe müsste allerdings sehr schnell, in den nächsten sechs Monaten, geschehen. Eine Potenzialanalyse an den Gymnasien sieht der Philologenverband kritisch, weil die Einführung immer neuer Instrumentarien die Kontinuität des Unterrichtens unterbricht. Die Gymnasien leisten im Rahmen der Berufs- und Studienberatung bereits jetzt Beachtliches.

Deutscher Philologenverband zur Beschulung von Flüchtlingskindern

Der Bildungspolitische Ausschuss des Deutschen Philologenverbands (DPhV) hat sich auf seiner Herbsttagung 2016 in Königswinter intensiv mit der Beschulung von Flüchtlingskindern befasst und Positionen formuliert. Auf dieser Grundlage fordert er im Kern Folgendes:

• eine zentrale bildungsbiographische Ersterfassung,

• die Feststellung der Eignung für eine bestimmte Schullaufbahn,

• die Einrichtung von Vorbereitungsklassen zum Erwerb der deutschen Sprache mit maximal 12 Schülerinnen und Schülern, die von ausgebildeten Lehrkräften geleitet werden müssen (insbesondere von Lehrkräften mit DAZ- oder DAF- Zusatzqualifikation),

• eine sukzessive Integration der Flüchtlingskinder in den Regelunterricht mit individueller Förderung und regulärer Benotung und einer Klassenmesszahl für solche Lerngruppen von maximal 25

• und ein Nachdenken über den Erwerb eines Schulabschlusses auf alternativen Wegen für Flüchtlingskinder, deren Beschulung im Regelunterricht nicht zielführend ist.

Handwerk trifft gymnasiale Bildung

Gemeinsame Presseerklärung des Philologenverbands Rheinland-Pfalz und der Handwerkskammer Trier

Eines haben akademische Bildung und berufliche Bildung gemeinsam: Sie sind hochgradig gefährdet, so die Einschätzung von Manfred Bitter, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Trier, und Ralf Hoffmann, Bildungsreferent des Philologenverbands Rheinland-Pfalz. Bitter, Gastreferent beim Bildungsausschuss des Philologenverbands, löste mit seinen Ausführungen am 4. April in Mainz eine lebhafte und ertragreiche Diskussion aus.

Die Diagnose:

Das Abitur verliert in vielen Bundesländern neben anderen Schulabschlüssen immer mehr an Aussagekraft und Wertigkeit aufgrund von immer weiter nach unten angepassten Anforderungen und wegen Notendumpings. Bei einer Abiturientenquote von fast 60 Prozent gilt eben nicht mehr der Automatismus „das Beste fürs Kind ist Abitur, dann Studium, dann ein gut bezahlter Akademiker-Job“. Teilzeitbeschäftigung, befristete Arbeitsverträge und prekäre Einkommen von unter 10 € brutto pro Stunde sind bereits jetzt keine Seltenheit mehr bei Absolventen eines akademischen Studiums. Hinzu kommt: Das Geldverdienen beginnt bei diesem Personenkreis oft erst mit 27 oder 28 Jahren.

Eine Gleichwertigkeit zwischen akademischer und beruflicher Bildung ist bislang aber weder in den Köpfen von Schülerinnen und Schülern noch von Eltern angekommen, obwohl die hiesige duale Ausbildung mit der Fortbildungsmöglichkeit zum Meister international anerkannt ist. Für das Handwerk droht eine Abwärtsspirale: quantitativ immer weniger Lehrstellenbewerber, qualitativ immer schwächere Bewerber, schwache Gesellen, schwache Meister, fehlender qualifizierter Unternehmernachwuchs. Eine Kernherausforderung ist also eine qualifizierte Lehrlingsausbildung; Meister fallen nicht vom Himmel.

Die Therapie:

Eine Imagekampagne zugunsten einer dualen Ausbildung mit Berufsinformationsveranstaltungen muss an den allgemein bildenden Schulen intensiviert werden, allerdings unbürokratisch und ohne Detailvorschriften, die die Schulen in ein enges Korsett schnüren. Erste bildungspolitische Weichenstellungen in Richtung der Wertschätzung auch der beruflichen Bildung sind in Rheinland-Pfalz zwar erfolgt, falsche Leitbilder müssen aber noch korrigiert werden: Wir brauchen wieder mehr neue Lehrverträge als Studienanfänger. „Abitur für alle“ darf nicht zum Motto werden, „Chancengerechtigkeit für alle, auch für die praktisch Begabten“, sollte die Devise lauten.

Mit dieser Positionierung üben Handwerkskammer und Philologenverband einvernehmlich erneut Kritik an der OECD und an deren Thesen, die Akademikerquote in Deutschland sei zu niedrig und eine duale Ausbildung sei ein sozialer Abstieg.

Verantwortung für künftige Generationen übernehmen heißt, realistische Zukunftsperspektiven aufzeigen. Hier bedarf es der Einsicht, dass nicht für jedes Kind ein Studium empfehlenswert ist; eine duale Ausbildung bietet quasi eine Beschäftigungsgarantie und damit berufliche Sicherheit. Die Durchlässigkeit der Bildungswege ist eine wertvolle Hilfe, immer wieder Richtungsänderungen auf den Bildungswegen verantwortungsbewusst vorzunehmen.

Bei der Integration von Flüchtlingen gilt es zu berücksichtigen: Insbesondere für diese Zielgruppe muss eine Ausbildung attraktiver gemacht werden als ein Minijob mit 8,50 € Mindestlohn, ansonsten wird man hier kaum neue Lehrlinge gewinnen können, sondern eine milliardenschwere Belastung für die staatlichen Sozialsysteme und damit für den Steuerzahler vorprogrammieren.

Für alle Bildungs- und Ausbildungslaufbahnen sollte klar sein: eine Anstrengungskultur muss wiederbelebt und eingefordert werden.

„Vera-8“ - Zumutung oder Lachnummer?

von Ralf Hoffmann, Bildungsreferent

„Dieses Jahr ist Deutsch dran gewesen“

Alles beginnt bei der diesjährigen Vergleichsarbeit für die Klassen 8 - kurz „Vera-8“ genannt - mit einer 8-seitigen Anleitung, die den Lehrkörper mit der Durchführung des Tests vertraut machen soll. Hierin ist genau vorgeschrieben, in welchem Wortlaut - und hierfür bedarf es 423 Wörter - die Arbeitsanweisungen in der Klasse vorgelesen werden müssen. Die Lehrkraft tut gut daran, sich nicht über eine totalitäre Vereinnahmung zu ärgern, sondern sich z.B. auf ein Rollenspiel einzulassen und den Statisten zu geben, der roboterhaft Anweisungen ausführt und dementsprechend seinen Text abspult. In der Praxis sorgt eine solch pervertierte Lehrer-Karikatur für Amüsement bei der Zielgruppe, und wir gehen dabei einmal von einer durchschnittlichen, 28-köpfigen gymnasialen Lerngruppe aus.

Extrem fragwürdige Kompetenztestung für Schülerinnen und Schüler

Wer sich in hoffnungsvoller Erwartung auf eine Musterklausur gefreut hat, die endlich kompetenzorientiert ist, weil sie die nationalen Bildungsstandards berücksichtigt, dem sei gesagt: Obacht!

Man sollte da einmal überdenken, ob 270 Ankreuzmöglichkeiten im Multiple-Choice-Stil tatsächlich Aufschlüsse z.B. über kommunikative Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler geben können. Selbstständiges Schreiben (kreativ, reflektierend oder kommunikativ) wird in dem Test nicht verlangt; und wenn einmal ganze Sätze formuliert werden müssen, reicht es oftmals aus, Passagen aus dem vorgegebenen Arbeitsmaterial abzuschreiben und in die etwa 60 dafür vorgesehenen Textlücken einzufügen.

Insofern ist es den Deutsch-Lehrkräften dringend geboten, den Hinweisen auf den Seiten des Bildungsservers Rheinland-Pfalz zu folgen und den Test „Vera 8“ nicht als Klassenarbeit zu gebrauchen; er taugt überhaupt nicht als Bewertungsgrundlage für die Notenvergabe, ist er doch auch in keiner Weise mit dem Deutschunterricht verknüpft. Bei einer nicht repräsentativen Stichprobe (100 Schülerinnen und Schüler) hat sich außerdem eine fehlende Trennschärfe gezeigt: Sehr gute und sehr schwache Leistungen sind fast nicht vorgekommen; über 90% der Schülerinnen und Schüler haben zwischen 45 und 70% der Aufgaben gelöst.

Mit Medienkompetenz kommen die Prüflinge nur insofern in Berührung, als das einzig zulässige Hilfsmittel „ein schwarzer oder dunkelblauer Stift“ ist (Durchführungserläuterung zu Vera-8, Seite 2). Der Duden darf nicht etwa, wie es ansonsten bei Klassenarbeiten in Rheinland-Pfalz üblich ist, zu Korrekturzwecken verwendet werden. Unberücksichtigt bleiben in diesem Zusammenhang auch bestehende Vereinbarungen zu einem Nachteilsausgleich. Sämtliche Inklusionsbemühungen konzentrieren sich in dem Test auf ein Kreuzchen im Schülererfassungsbogen, das die jeweilige Lernbehinderung angibt.

Möglicherweise unbeabsichtigte Kompetenztestung für Lehrkräfte

Ganz anders sieht das bei den Lehrkräften aus. Auch wenn es zunächst eine 19-seitige Auswertungsanleitung für den Test gibt, die wenig Spielraum für die Überprüfung eigener Kompetenzen zu geben scheint – bei Lehrerinnen und Lehrern sind Kompetenzen im Rahmen der Korrekturen gefragt:

Verdeutlichen wir uns dies unter Rückgriff auf die eingangs erwähnte Gymnasialklasse: Es warten unter den gegebenen Umständen 644 Korrekturseiten mit rund 1.700 Textelementen und 7.560 Ankreuzmöglichkeiten auf die Deutschlehrerin bzw. den Deutschlehrer. Die in der Auswertungsanleitung vorgesehene Verschlüsselung (1 = richtig, 2 = falsch, 3 = nicht beantwortet) ist zunächst manuell (Kuli, Auswertungsbogen) und dann digital (Online-Eingabemaske beim „Zentrum für Empirische Pädagogische Forschung“ an der Uni Koblenz-Landau) zu bewältigen. Die Erfordernis medialer Kompetenz – unter anderem schon beim passwortgeschützten Einloggen – ist offensichtlich.

Wenn gut zwölf Stunden zusätzlicher, unbezahlter Korrekturaufwand bevorstehen, erweisen in der Praxis möglicherweise zwei weitere Kompetenzen hilfreiche Dienste: Mittels Führungskompetenz könnte man einen Teil der Korrekturarbeit in die Fachschaft Deutsch verlagern, denn die soll ja auch anschließend auf der Basis der Testauswertung kooperativ Unterricht entwickeln. Gegebenenfalls kann man aber auch auf der in vielen Kollegien vorhandenen hohen Sozialkompetenz aufbauen, die dann nach dem Motto „geteiltes Leid ist halbes Leid“ für eine entsprechende Entlastung beim Korrigieren sorgt.

Gut auch, wenn man mehr organisatorische Kompetenz aufweist als die Macher der Korrekturvorlage. Weil hier die Seitenumbrüche andere sind als in den Schülerbögen, braucht es Kolleginnen und Kollegen, die sofort messerscharf erkennen, dass es arbeitseffektiver ist, zunächst die vom Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) angebotenen Korrekturvorlagen entsprechend zurechtzuschneiden und neu zu kopieren, damit man sie dann neben die Schülerbögen legen kann und somit Übertragungsfehler vermeidet.

Kommunikative Kompetenz können schließlich Lehrkräfte zeigen, wenn sie auf die Äußerung eines Schülers „Warum korrigieren das nicht die Leute, die kein besseres Hobby haben?“ eine angemessene Antwort geben.

Fazit

Schwer einzuschätzen, ob die Alternative - den Test nach seiner Auswertung zu entsorgen oder den Schülerinnen und Schülern zurückzugeben - den Lehrkräften, die ihre Arbeitszeit dafür investiert haben, komisch, absurd oder zynisch erscheint.

Positiv nur, dass es Vera-8 in Rheinland-Pfalz verpflichtend für jedes Hauptfach nur noch in dreijährigem Turnus gibt und nicht mehr jährlich, wie es noch in einigen anderen Bundesländern der Fall ist. Zu dieser Veränderung hat sicherlich auch die stets fundamentale Kritik des hiesigen Philologenverbands beigetragen.

Eine neue Aufgabe, die das IQB an der Humboldt-Universität zu Berlin ins Auge fasst, ist eine Evaluierung der zentralen Teile der Abiturprüfung. - „Nachtigall, ick hör dir trapsen“ … mangels eigenen Personals im Institut droht die Umsetzung solcher Vorhaben wieder auf Kosten der Zeit der Kolleginnen und Kollegen an den Schulen vor Ort, die mit Abiturprüfungen ohnehin schon zusätzlich belastet sind. Hier gilt den im Land Verantwortlichen der Appell: Wehret den Anfängen oder schafft nötige personelle Ressourcen, die sich dann solcher Zusatzaufgaben annehmen können.

Inklusionsgespräche mit der „Gehörlosenschule“ Trier

von Ralf Hoffmann, Bildungsreferent

Mit einem Besuch der Wilhelm-Hubert-Cüppers-Schule (WHCS), Landesschule für Gehörlose und Schwerhörige, in Trier führt der Philologenverband die gute Tradition fort, mit den Förderschulen des Landes in Kontakt zu bleiben, und kommt einem Auftrag seiner Vertreterversammlung nach. Diese hat im November 2015 die Befürchtung formuliert, dass die vermehrt zu bewältigenden Inklusionsaufgaben in vielen Fällen eine Überforderung der Regelschulen im didaktisch-methodischen und im personellen Bereich darstellen können. Sie hat folglich den Bildungsausschuss damit beauftragt, daran mitzuwirken, dass für Inklusionsbestrebungen im schulischen Bereich eine Beratungsstruktur etabliert wird.

Die Schulleiterin der WHCS, Ulrike Moog, empfing am 9. September die Gruppe des Verbands unter der Leitung von Ralf Hoffmann, der als Vertreter der Hauptpersonalrates Gymnasien und Kollegs seit Beginn der Inklusionsdebatte in Landesgremien bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention mitwirkt.

Allein der Elternwille zählt

Seit der Änderung des Schulgesetzes im August 2014 zählt in Rheinland-Pfalz bei der Wahl der Schullaufbahn für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf ausschließlich der Elternwille: „Die Entscheidung, ob der Schulbesuch an einer Förderschule oder im inklusiven Unterricht erfolgen soll, treffen die Eltern“ (SchulG §3, Abs. 5). Sie könnten sich also sowohl gegen eine Schullaufbahnempfehlung als auch gegen die Ratschläge einer im Schulgesetz vorgesehenen „Beratung“ (SchulG §59, Abs. 4) entscheiden.

Förderschulen haben hohe Beratungskompetenz

Die Frage, welche Schule die „Beratung“ durchführt (die aufnehmende oder die abgebende bzw. die Förderschule oder die inklusiv unterrichtende Regelschule), beantwortet das Schulgesetz nicht. Hier besteht also jeweils Klärungsbedarf vor Ort.

Die Zusage der Landesregierung, die Förderschulen nicht abzuschaffen, sondern die dort vorhandene sonderpädagogische Expertise für inklusiv arbeitende Regelschulen in Form der Etablierung von Förder- und Beratungszentren zu nutzen, hat der Philologenverband wiederholt ausdrücklich begrüßt.

Auch beim Besuch an der WHCS bestätigt sich: Die Förderschule hat eine hohe Beratungskompetenz. Sie blickt auf eine erfahrungsreiche, 130-jährige Tradition zurück; Konzept, Expertenwissen und persönliches Engagement vor Ort überzeugen. Wolfgang Romann, der stellvertretende Schulleiter der WHCS, präsentierte z.B. die räumliche und technische Ausstattung der Schule bei einem Rundgang, die für eine optimale Förderung von hörbeeinträchtigten Schülerinnen und Schülern erforderlich ist und die an vielen inklusiv arbeitenden Regelschulen noch fehlt.

Beratung durch die Förderschulen weiter etablieren

Bei einer Beratung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf und deren Eltern müssen die Förderschulen - insbesondere wenn sie Förder- und Beratungszentrum sind - beteiligt sein, und zwar nicht nur bei der Frage nach der Schulwahl. Sie bieten darüber hinaus unentbehrlichen Rat und Hilfe zum Gelingen einer inklusiven Beschulung an Regelschulen, insbesondere beim Erstellen von „Förderplänen“ und bei der Festlegung eines „Nachteilsausgleichs“.

Individuelle Förderung erfordert Einzelfallbesprechungen unter Einbeziehung der spezifischen Expertise der Förderschulen. Eine umfangreiche, zeitaufwändige, intensive Kommunikation zwischen den beteiligten Schulen im Beratungsprozess ist da notwendig, kann aber ohne zusätzliche personelle Ressourcen bzw. Entlastungsstunden nicht flächendeckend gelingen. Die Abschaffung des Ressourcenvorbehalts war ein großer Fehler; Inklusion gelingt nicht zum Nulltarif, sondern dort, wo das Land investiert.

Förder- und Beratungszentren bieten derzeit meist eine nachfrageorientierte Beratung an; diese sollten die ihnen zugeordneten, inklusiv arbeitenden Regelschulen immer wieder anfordern. Darüber hinaus sollten aber auch Kapazitäten für Initiativberatungen aufgebaut werden.

Hörverstehensprüfung für Hörbeeinträchtigte im Abitur 2017 problematisch

Schon bei den Begrifflichkeiten gibt es oft noch Beratungsbedarf. Ein Beispiel ist der gemäß SchulG §3, Abs. 5, zu gewährende „Nachteilsausgleich“. Ein „Nachteilsausgleich“ verlangt nicht nach einer Reduzierung der Anforderungen, wie gerade an den Gymnasien immer wieder befürchtet wird, sondern nach einer Förderung, die die behinderungsbedingten, fachärztlich attestierten Beeinträchtigungen so kompensiert, dass auch auf einem qualitativ hohen Niveau gearbeitet werden kann.

Schon im Mai dieses Jahres hat der Philologenverband das Ministerium darauf hingewiesen, dass die in 2017 erstmals vorgesehene Hörverstehensaufgabe im zentralen Teil des Fremdsprachenabiturs für hörbeeinträchtigte Schülerinnen und Schüler äußerst problematisch ist; der Dialog mit den Förderschulkollegen an der WHCS hat diese Einschätzung klar bestätigt.

Neben anderen Landesschulen hat auch die WHCS Trier das Bildungsministerium hinsichtlich eines Nachteilsausgleichs beraten, und auf dieser Grundlage sind folgende Hinweise für die kommende Abiturprüfung entstanden:

• Für hörbeeinträchtigte Schülerinnen und Schüler ist zunächst ein individueller Nachteilsausgleich anzuwenden (z.B. extra Raum für die Prüfung, Kopfhörer, Arbeitszeitverlängerung).

• Wenn die Hörverstehensaufgabe wegen der Schwere der Hörbehinderung gar nicht bearbeitet werden kann, wird die Schreibaufgabe von der Lehrkraft im Umfang entsprechend ausgebaut und deren Gewichtung erhöht.

• Das Rundschreiben zur Abiturprüfungsordnung für das Abitur 2017 legt zudem fest, dass die Entscheidung über den individuellen Nachteilsausgleich der/die Vorsitzende der Abiturprüfungskommission trifft, und zwar unter Berücksichtigung der Vorschläge der regional zuständigen Landesschule für Schwerhörige und Gehörlose.

Kurzkritik

Zu begrüßen ist, dass die nun erfolgten Regelungen den im Land allseits wertgeschätzten Inklusionsgedanken retten oder polemisch formuliert: Von keinem Tauben wird mehr verlangt, dass er im Abitur einen Hörtest besteht. Aber: Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? Für den zentralen Aufgabenteil ließen sich wesentlich unproblematischere Aufgabenformen finden, die den Lehrkräften vor Ort Zeit und Arbeitsaufwand ersparen würden.

„lyrix“ - Philologenverband fördert junge Talente

von Ralf Hoffmann, Bildungsreferent, und Malte Blümke, Ehrenvorsitzender

Mit rund 10.000 Wettbewerbsbeiträgen in Gedichtform gilt das „lyrix“-Projekt heute als einer der erfolgreichsten Schülerwettbewerbe in Deutschland. Der Deutsche Philologenverband, der Deutschlandfunk, der Friedrich-Bödecker-Kreis und der Deutsche Museumsbund kooperieren bei der Ausrichtung des bundesweiten Wettbewerbs eng miteinander. Auch dem Bildungsausschuss des rheinland-pfälzischen Philologenverbands ist es ein Anliegen, junge Menschen von 10 bis 20 Jahren für Lyrik zu begeistern, gerade weil lyrische Texte als verdichtete Texte anspruchsvoll sind. Von Anfang an sind die drei Jurymitglieder Horst Schädlich, Malte Blümke und Ralf Hoffmann mit dabei und unterstützen den Wettbewerb mit Konzepten und Unterrichtsentwürfen.

„Lyrik passiert“ im Museum

Im September 2016 machte der internationale „lyrix“-Wettbewerb mit zahlreichen Schreibwerkstätten erneut Station in Rheinland-Pfalz, und zwar im Rheinischen Landesmuseum, im Stadtmuseum Simeonstift und im Museum am Dom in Trier. Die aktuelle Ausstellung der drei großen Trierer Museen „Nero. Kaiser, Künstler und Tyrann“ - so die Idee der Veranstalter - sollte mit ihren Exponaten Inspiration für die Nachwuchslyriker sein, zum September-Monatsmotto „zwischen Gut und Böse“ Gedichte zu schreiben. Der Bildungsausschuss des Philologenverbands traf im Rahmen der „lyrix“ - Veranstaltungen am 9. September mit dem Wiener Lyriker Georg Bydlinski zusammen, der aus seinen Texten las und Denkanstöße bot. Mit der Formulierung „Lyrik passiert“ wies er beispielsweise darauf hin, dass es Ruhe, Zeit und Muße braucht, um tiefgründige Texte in gebundener Sprache zu verfassen.

Bildungsministerin würdigt „lyrix“ - Projekt

Zu den Preisträgern im bundesweiten „lyrix“ - Gedichtwettbewerb gehören auch immer wieder Schülerinnen und Schüler aus Rheinland-Pfalz: In diesem Jahr gratulierte auch Bildungsministerin Stefanie Hubig unter anderem Marie-Celestine Cronhard-Lück-Giessen (Pirmasens), Julia Fourate (Montabaur) und Moritz Schlenstedt (Ingelheim). Hubig lobte den erfolgreichen Literaturwettbewerb, biete er jungen Menschen doch die Möglichkeit, durch kreativen und innovativen Umgang mit Sprache ihre Gefühle, Meinungen und Erlebnisse auszudrücken.

Schulgesundheit? - Da hilft nur die richtige Medizin

von Ralf Hoffmann, Bildungsreferent

Der 1. Rheinland-Pfälzische Tag der Schulgesundheit am 15. Januar 2016 war zugleich der fünfte Geburtstag des Instituts für Lehrergesundheit (IfL), zu dem auch der Philologenverband am Rande der Festveranstaltung in der Alten Mensa der Uni Mainz gratulierte.

In den letzten Jahren hat das bundesweit einzigartige Institut, das an die Universitätsmedizin (ans Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin) angegliedert ist, sein Engagement sukzessive ausgebaut, sodass heute über 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Sprechstunden für Lehrkräfte, arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Beratung, Messen von Nachhallzeiten im Kampf gegen den Lärm im Klassenzimmer, Betriebliches Eingliederungsmanagement, Präventions- und Fortbildungsarbeit oder Impfungen anbieten. Zum zweiten Mal erschienen ist 2015 ein ausführlicher Gesundheitsbericht für die etwa 45.000 Lehrkräfte im Zuständigkeitsbereich.

Die öffentlichkeitswirksame Gründung des Instituts im Jahr 2011 zeigte, dass die Gesundheit der Lehrkräfte ein Anliegen der Landesregierung war. Es ist aber kein Freibrief, ein solches Institut zu haben; es ist vor allem erforderlich, die auf wissenschaftlichen Expertisen gewonnenen Erkenntnisse permanent in eine Bildungspolitik umzusetzen, die die Gesundheit der Lehrkräfte bewahrt. Bildungsministerin Vera Reiß verpflichtet sich dieser Sorgfaltspflicht des Dienstherrn, wenn sie in ihrer Festansprache eine Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO heranzieht: „Gesundheit ist ein Zustand des Wohlbefindens, nicht nur eine Freiheit von Krankheit und Gebrechen.“ Wer eine gute Schule wolle, so Reiß weiter, müsse sich dauerhaft der Gesundheit derer widmen, die dort arbeiteten. Da nehmen wir sie beim Wort und fragen kritisch:

Was tut die Landesregierung für die Gesundheit unserer Referendarinnen und Referendare?

Das IfL hat bereits im Gesundheitsbericht 2013/14 darauf hingewiesen, dass die Belastungen im Vorbereitungsdienst als problematisch empfunden werden. Ausdrücklich beklagt werden von Referendarinnen und Referendaren Selbstzweifel, Unsicherheit und fehlende Freiräume. Erste konkrete Zahlen bestätigen nun: Die Krankmeldungen von Lehramtsanwärtern liegen in Relation zur Gesamtzahl der Lehrkräfte um ein Vielfaches höher als bei Planstelleninhabern. Der Philologenverband wiederholt gebetsmühlenartig: Die Verkürzung der Vorbereitungszeit in der zweiten Ausbildungsphase um sechs Monate mit der Folge stressiger Terminverdichtung, der eigenverantwortliche Unterricht der Referendare vom ersten Tag an und das Verheimlichen von Noten im ersten Ausbildungsjahr sind Fehlentscheidungen gewesen, und jetzt wird klar, dass sie auch auf Kosten der Gesundheit vieler junger Lehrkräfte gehen.

Warum sorgt die Landesregierung nicht mittels Senkung der Klassenmesszahl für Entlastung?

Das IfL hat bei sechs von zehn Lehrkräften an Gymnasien einen Rückgang der Arbeitszufriedenheit festgestellt. Die bereits zugesagte Reduzierung der Klassenmesszahl auch an den Gymnasien auf 25 ist für viele Kolleginnen und Kollegen ein Signal der Hoffnung gewesen, zumindest eine kleine Hilfe zu erhalten, um individuelle Förderung in immer heterogener werdenden Klassen leisten zu können.

Die Heterogenität in den Lerngruppen wird bei der Bewältigung der Aufgabe der Inklusion und bei der bevorstehenden Integration von Flüchtlingskindern noch erheblich steigen. Lehrkräfte immer wieder vor die Herausforderung neuer Aufgaben zu stellen, aber dann zugesagte unterstützende Maßnahmen zurückzunehmen, kann sich nur negativ auf die Arbeitszufriedenheit auswirken. Das gefährdet auf Dauer auch die physische und insbesondere die psychische Gesundheit. Psychiatrische Erkrankungen hat das IfL übrigens bereits jetzt als ein „Hauptproblem“ festgestellt.

Warum verlängert die Landesregierung die Dienstzeit älterer Kolleginnen und Kollegen?

Sicherlich geht die Landesregierung davon aus, dass die Lehrkräfte der ersten Nachkriegsgeneration genügsam, fleißig und reich an Lebenserfahrungen sind. Insofern mag sie auch davon ausgehen, dass es in dieser Generation Frauen und Männer gibt, denen die Streichung von Altersentlastungstunden und die Hinausschiebung des Eintritts in den Ruhestand von 64 auf 65 Jahre (später 67 Jahre) gesundheitlich nichts ausmacht. Aus dem Ruhestand heraus rekrutiert man neuerdings sogar Pensionäre als „Senior-Berater“ für Schulleitungen. Der Philologenverband hat immer wieder vor einer Mehrbelastung älterer Lehrkräfte gewarnt. Außerdem muss in diesem Zusammenhang die Frage gestellt werden, wie es den knapp 3.000 jungen gymnasialen Assessoren geht, die ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben, sich auf Planstellen bewerben und immer wieder Absagen erhalten.

Um etwas für die Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer in Rheinland-Pfalz zu tun, bedarf es guter Medizin, und die kann nicht aus einem Reformhaus kommen, das Spardiktaten unterliegt. Sie muss stattdessen aus einem Ministerium kommen, dem das Wohlbefinden seiner Lehrkräfte ein wertvolles Anliegen ist, für das sich jede Investition lohnt.

Folgende Medikamente empfiehlt der Philologenverband als besonders wirksam:

- das verkürzte gymnasiale Referendariat wieder verlängern, und zwar um eine Einstiegsphase ohne eigenverantwortlichen Unterricht

- die Klassenmesszahl - wie versprochen - auch an den Gymnasien deutlich senken

- die gestrichenen Altersentlastungstunden wieder aufstocken

- die Zeit für den Eintritt in den Ruhestand nicht kontinuierlich weiter bis ins hohe Alter hinein verschieben

- junge Lehrkräfte nicht nur fertig ausbilden, sondern auch einstellen

- Lehrkräfte, die mit Abiturprüfungen zu tun haben, entlasten, anstatt ihre Wochenarbeitszeit mithilfe sogenannter „Vorgriffsstunden“ zu erhöhen