Unser bildungspolitischer Standort

Gegliedertes Schulwesen

Das in seiner Leistungsfähigkeit europa- und weltweit anerkannte und in seinen Strukturen bewährte gegliederte Schulwesen darf den sprunghaften politischen Entwicklungen in Deutschland und Europa nicht geopfert werden. Der Trend zur Zweigliedrigkeit hat die begabungsgerechte schulische Vielfalt und das Elternrecht auf eine dem Kind gemäße Schulwahl beeinträchtigt. Grundschule, Realschule, Gymnasium, die Sonderschulen und das breit gefächerte berufliche Schulwesen (duales System) bieten für die unterschiedlichen Begabungen und die Vielfalt der Lebens- und Berufsaufgaben die besten Voraussetzungen für eine möglichst individuelle Förderung. Sie haben eigenständige Bildungsziele und führen zu entsprechenden Abschlüssen.

Da die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft nicht nur von der Zahl qualifizierter Hochschulabsolventen abhängt, sondern in gleicher Weise auch von qualifiziert ausgebildeten Absolventen des dualen Ausbildungssystems und/oder entsprechender Fachschulen, sind gerade diese Ausbildungsgänge in ihrer Bedeutung zu stärken und als Angebot auszubauen.

Abitur und Hochschule

Für das Studium an einer Universität sollte grundsätzlich ein qualitativ hochwertiges Abitur Zugangsvoraussetzung sein, da an der Vermittlung einer breit angelegten gymnasialen Grundbildung festzuhalten ist. Daneben sollte die Fachhochschulreife, die in weiterführenden berufsbildenden Schulen verliehen wird, die Zugangsbedingung für ein Fachhochschulstudium bleiben. Durchlässigkeit muss zwar auch weiterhin gewährleistet sein, darf jedoch nicht auf Kosten der Qualität der Bildung und Ausbildung gehen. Einseitigkeit und Spezialisierung vertragen sich nicht mit dem Anspruch einer allgemeinen Hochschulreife. Bereits für den Besuch des Gymnasiums stellen gute schulische Leistungen in Deutsch und Mathematik in der Grundschule eine essentielle Voraussetzung dar.

Europaweite Vergleichbarkeit

Vergleichbarkeit und Gleichwertigkeit müssen darüber hinaus auch für die Anerkennung von Zeugnissen innerhalb der Europäischen Union gelten. Unterschiedliche Qualifikationsniveaus bei formal gleichen Schulabschlüssen sind auf Dauer nicht zu verantworten. Sie führen zu massivem Vertrauensverlust und gravierenden Defiziten bei der von allen angestrebten Chancengerechtigkeit. Die in Europa und in einigen deutschen Bundesländern teilweise inflationär hohe Zahl von mittleren und höheren Bildungsabschlüssen macht eine sach- und anforderungsgerechte Neuorientierung im Schulwesen erforderlich.

Neunjähriges Gymnasium

Ziel, Profil und Inhalte einer Schulart bestimmen den Beginn und die Dauer des jeweiligen Bildungsweges. Die Ausrichtung des Gymnasiums an der allgemeinen Studierfähigkeit verlangt eine breite und vertiefte Vermittlung anspruchsvoller Inhalte auf hohem Anforderungsniveau. Der Philologenverband lehnt deshalb alle Vorschläge entschieden ab, die eine qualitative Beeinträchtigung dieser Bildungsarbeit zum Ergebnis haben könnten. Daher fordern wir nach wie vor das Gymnasium von Klasse 5 bis 13.

Gymnasiale Lehrerbildung

Eine erfolgreiche Bildungs- und Erziehungsarbeit am Gymnasium setzt eine qualifizierte, schulartspezifische Bildung seiner Lehrerinnen und Lehrer voraus. Deshalb hält der Philologenverband sowohl für die erste als auch für die zweite Phase der Lehrerausbildung an einer am gymnasialen Bildungsprofil ausgerichteten fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Ausbildung fest.

 

Positionspapier zum Abitur im Fach Deutsch und in anderen Fächern

Aus der Tagung des Bildungsausschusses des PhV am 24.04.2017 resultierte folgendes Positionspapier ...

Problemfeld schriftliches Abitur:

Wir begrüßen die angekündigte Umsetzung unserer Forderung seitens des Bildungsministeriums, die Arbeitszeit in den schriftlichen Abiturprüfungen zu vereinheitlichen. Die Schreibdauer soll für Schülerinnen und Schüler ab 2018 jeweils 270 Minuten betragen, was für das Fach Deutsch eine Verkürzung um 30 Minuten bedeutet.

Wir erkennen keinen Mehrwert darin, dass im Rahmen des Erwartungshorizontes erstmals 2017 zweifach der Bezug zu den Bildungsstandards schriftlich hergestellt werden muss und verlangen die Abschaffung dieser Vorgabe, die unnötig Mehrarbeit verursacht.

Wir fordern weiterhin, dass für das Fach Deutsch (und das Fach Mathematik) wie in den Fremdsprachen ein zentraler Nachschreibtermin angeboten wird. Die Abiturauswahlkommission könnte beispielsweise die Eignung der ausgesonderten dezentralen Abituraufgabenvorschläge für einen zentralen Nachschreibe-Aufgabenpool überprüfen.

Wir empfehlen dringend, dass auch bei der zentral gestellten Abiturprüfung Angaben zur Gewichtung der Einzelaufgaben gemacht werden.

Problemfeld mündliches Abitur:

Wir weisen darauf hin, dass nach der letzten Abitur-Strukturreform die Zahl der mündlichen Abiturprüfungen 2017 in den Fächern Deutsch und Mathematik landesweit stark angestiegen ist, was eine zusätzliche Belastung für die betreffenden Fachlehrkräfte bedeutet. Laut Bildungsministerium ist zudem damit zu rechnen, dass auf diese beiden Fächer jährlich über 40% aller mündlichen Prüfungen entfallen.

Wir begrüßen, dass auch das Bildungsministerium die Problematik erkannt hat und den Schulleiterinnen und Schulleitern folgende konkrete Maßnahmen rät: An allen Schulen sollen Dreier- oder Viererblockprüfungen als Regelfall ermöglicht werden. Es ist sinnvoll, die Kursgrößen so zu gestalten, dass eine Überbelastung im Abitur von vornherein ausgeschlossen ist. Es soll beim Einsatz der Lehrkräfte darauf geachtet werden, dass es im Abitur möglichst nicht zu einer Doppelbelastung (z.B. schriftliches und mündliches Abitur) kommt. Der Prüfungsvorsitz kann außer von der Fachaufsicht auch von erfahrenen Fachlehrkräften übernommen werden.

Wir hinterfragen in diesem Kontext dennoch die Berechtigung der sogenannten Vorhaltestunde und kritisieren eine insgesamt mangelhafte Entlastung. Die an einigen Schulen gefundenen Regelungen (z.B. ein Prüfungsvorbereitungstag, an dem die betroffenen Lehrkräfte an der Schule kollegial vertreten werden, oder die Zuweisung einer Entlastungsstunde für besondere Härtefälle aus dem dafür vorgesehenen und der Mitbestimmung des örtlichen Personalrates unterliegenden Kontingent der Schule) sind lediglich kleine Hilfen vor Ort.

Cornelia Schwartz, Landesvorsitzende PhV RLP

Ralf Hoffmann, Bildungsreferent PhV RLP

Dr. Markus Müller, Landesvorsitzender Fachverband Deutsch RLP

 

10 Forderungen des Bildungspolitischen Ausschusses des Deutschen Philologenverbands zur Flüchtlingsbeschulung

  1. Sofort nach Ankunft eines Flüchtlings ist eine zentrale bildungsbiografische Ersterfassung erforderlich, bei der möglichst Nachweise für die gemachten Angaben durch den Flüchtling vorgelegt werden.
  2. Möglichst zeitnah muss der jeweilige Flüchtling sich einer (Schul-)Potenzialanalyse unterziehen, bei der die Eignung für eine bestimmte Schullaufbahn festgestellt wird. Hierbei sind bei der Entscheidung für die gymnasiale Laufbahn gymnasiale Lehrkräfte einzubeziehen.
  3. Altersbeschränkungen für den Zugang und Klassenstufen für den spätesten Zugang müssen überprüft und ggfs. neu festgelegt werden, um das Abitur in der festgelegten Verweildauer (gegebenenfalls mit Verlängerung) zu erreichen.
  4. Am Anfang stehen Vorbereitungsklassen zum Erwerb der deutschen Sprache. Diese sind an allen Schulformen einzurichten. Die Zuweisung der Flüchtlinge in die Klassen erfolgt auf der Basis der anfänglichen Eignungsfeststellung.
  5. Sukzessive, abhängig von den Deutschkenntnissen, erfolgt die Integration in den Regelunterricht, beginnend mit Fächern wie Musik, Kunst und Sport.
  6. Spätestens nach zwei Jahren soll die Beschulung im Regelunterricht mit regulärer Benotung erfolgen. Bei Bedarf sollte, wie für alle anderen Schülerinnen und Schüler, zusätzlicher Förderunterricht gewährt werden.
  7. Sollte eine Beschulung im Regelunterricht am Gymnasium trotz anfänglicher Eignungsfeststellung nicht möglich sein, muss über einen Erwerb eines alternativen Schulabschlusses nachgedacht werden.
  8. Der Deutschunterricht in den Vorbereitungsklassen muss von ausgebildeten DAZ (Deutsch als Zweitsprache)-Lehrkräften oder gleichwertig ausgebildeten Lehrkräften durchgeführt werden.
  9. Lehrpläne und Lehrmaterialien sind auf Länderebene zentral zu erstellen und den Lehrkräften kostenfrei zur Verfügung zu stellen.
  10. Die Höchstschülerzahl für die Vorbereitungsklassen darf die Zahl 12 nicht überschreiten. Die Höchstschülerzahl für Regelklassen, in denen Flüchtlinge beschult werden, darf die Zahl 25 nicht überschreiten.

AG erarbeitet Positionierung zum „Fremdsprachenabitur 2017“

Eine Arbeitsgruppe mit Sabine Cullmann, Frank Fischelmanns, Ralf Hoffmann, Dr. Klaus Kempkens, Alfred Preuß und Cornelia Schwartz beschäftigte sich darüber hinaus am 4. Mai im Auftrag des Bildungsausschusses intensiver mit dem Thema neues Fremdsprachenabitur.

Sie beklagt in einem Positionspapier die mit der Neuregelung für das Abitur 2017 in den Fächern Englisch und Französisch verbundene organisatorische und inhaltliche Zerstückelung der schriftlichen Abiturprüfungen und bedauert darüber hinaus, dass bei der Korrektur der zentralen Elemente der Prüfung wertvoller Entscheidungsspielraum der beurteilungskompetenten Lehrkraft verloren geht. Eine Prüfung „aus einem Guss“ bleibt ferner dem Zufall überlassen; dezentral und zentral gestellte Aufgaben werden in der Regel nicht mehr zusammen passen. Aufgrund der Hinzufügung der neuen zentralen Elemente kommt es darüber hinaus zu einer Ausweitung der Prüfungsdauer auf über fünf Zeitstunden (inklusive der organisatorisch bedingten Pausen). Die Hörverstehensprüfung an den Anfang zu setzen, begünstigt zudem psychische Blockaden bei Schülerinnen und Schülern, denn die entstehen eher bei Multiple-Choice-Überprüfungen unter Zeitdruck als bei Klausuren, in denen Kompetenzen wie selbstständiges Formulieren gefordert sind.

Auf dieser Grundlage werden dringend empfohlen:

  • Die Durchführung der schriftlichen Abiturprüfungen in den Fächern Englisch und Französisch an jeweils zwei Tagen: ein Tag mit dem zentralen Aufgabenteil Leseverstehen und Hörverstehen, ein weiterer Tag für die schriftliche Klausur.
  • Bei dem zentral gestellten Prüfungsteil mit dem Leseverstehen zu beginnen und nicht mit dem Hörverstehen.

Noch immer gilt es, offene Fragen der betroffenen Lehrkräfte zu klären, um so die in den vielen Neuerungen begründete Skepsis und Bedenken in den Fachschaften an den Schulen abzubauen:

  • Kann auf das Hörverstehen im Falle eines Nachteilsausgleichs z.B. für hörbeeinträchtigte Schüler komplett verzichtet werden?
  • Dürfen bei der Hörverstehensaufgabe unbekannte Vokabeln angegeben werden?
  • Welchen Nachschreibtermin gibt es wegen des zentralen Elements für die Klausur in der Jahrgangsstufe 13, die ja Probelaufcharakter fürs Abitur haben soll?
  • Wann gibt es beim IQB Musteraufgaben für das Leseverstehen?
  • Wo gibt es eine Übersicht über alle Veränderungen im Fremdsprachenabitur 2017 auf einen Blick?