Ein Zwischenruf von Jochen Ring (im November 2021)

BLICK 350

Foto: Jochen Ring

Nach dem, was von den Plänen der rot-grün-linken Koalition, die demnächst die Geschicke der Hauptstadt lenken wird, nach außen dringt, darf man den einen oder anderen Versuch der bildungspolitischen Umsteuerung durchaus mit Wohlwollen sehen. Die Absichtserklärung der künftigen Berliner Bürgermeisterin, Franziska Giffey, das Berliner Bildungssystem zu modernisieren und gerechter zu gestalten, beinhaltet zum Beispiel, gegen den Widerstand der GEW, die Wiedereinführung des Prinzips der Verbeamtung von Lehrkräften. Diese Maßnahme könnte die Position des so häufig als ‚failed state‘ bezeichneten Bundeslandes im nationalen Wettbewerb um die besten Köpfe als Lehrkräfte durchaus verbessern.

 

Einen wegweisenden Schritt, an dem sich auch die anderen Bundesländer orientieren sollten, stellt darüber hinaus die Weichenstellung hin zu einem leistungsgerechten Übergang der Berliner Kinder von den Grundschulen zu den weiterführenden Schulen dar. Giffey möchte damit, wie die Berliner Zeitung am 24.11.2021 schreibt, „überehrgeizige Eltern“ daran hindern, ihre Kinder „trotz schlechter Noten und fehlender Empfehlung ihrer Grundschule“ aufs Gymnasium zu schicken. Das Gymnasium wieder zu verlassen, führe jedoch, so Giffey, zu „zum Teil traumatische[n] Erfahrungen“.

 

Es ist ein hoffnungsvoll stimmendes Zeichen, dass sich der künftige Berliner Senat aus Gründen der Fürsorge für die Grundschülerinnen und Grundschüler traut, im ideologisch streng auf Gleichschritt und Gleichmacherei getrimmten Bildungsverliererland Berlin ein solch heißes Eisen anzufassen. Der mutige Schritt, an dem sich andere Bundesländer ein Beispiel nehmen sollten, bedeutet ein Mehr an sozialer Gerechtigkeit, da in denjenigen Bundesländern, in denen der Wechsel zur weiterführenden Schule allein in der Hand der Eltern liegt, eher Kinder aus sozial privilegierten Schichten aufs Gymnasium geschickt werden. Schließlich aber kann sich der neue Senat auf die aktuelle Studie der Bildungsforscher Seuring und Esser stützen: Sie haben herausgefunden, dass eine strenge Zuweisung der Schülerinnen und Schüler auf die für sie passenden Schulformen gemäß dem Leistungsprinzip zu bestmöglicher Förderung für alle, insbesondere auch die Leistungsschwächeren, führt. Insofern besteht die Hoffnung, dass Berlin, wenn es noch eine Schippe drauflegt und zum Beispiel die sechsjährige Grundschule wieder auf vier Jahre verkürzt, zu Bayern und Sachsen aufschließt und demnächst bei Leistungsvergleichstests die reformunwilligen Bundesländer, die auf das Mantra des Elternwillen einschwören, weit hinter sich lässt. Wir drücken der neuen Berliner Regierung daher die Daumen. Und Franziska Giffey? Sie wandelt sich vom ‚plagiator‘ zur ‚plagianda‘ und könnte damit Schicksalsgenossen wie Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Buhl-Freiherr von und zu Guttenberg oder Annalena Baerbock zum leuchtenden Vorbild dienen.