Fehlentwicklungen an rheinland-pfälzischen Hochschulen

BLICK 324

Foto: Robert Tophofen

Die gymnasiale Lehrerbildung ist in den letzten Jahren in heftige Turbulenzen geraten. Insbesondere das Referendariat (VD Gym) beschäftigt uns als Verband ohne Unterlass. Darüber gerät allerdings leicht aus dem Blick, dass vieles im Studium nicht wirklich gut läuft und so mancher Missstand, den wir im Berufsalltag beklagen, auf Weichenstellungen in dieser Ausbildungsphase zurückgeht. Über die fahrlässige und überflüssige Einführung des Bachelor-/Mastersystems ist schon genug gesagt worden; was jedoch weniger in der Öffentlichkeit anklingt, sind die Veränderungen, die sich aus der Finanzierung der Hochschulen im Land ergeben.

 

Kein langfristiger Rückgang der Studierendenzahlen in Sicht

 

Seit der Erwerb von Hochschulzugangsberechtigungen auf immer mehr Schularten ausgedehnt worden ist, sind die Zahlen der Erstsemester an rheinland-pfälzischen Hochschulen in die Höhe geschnellt. Waren es im WS 1990/91 noch 72545, so studierten im WS 2017/18 bereits 123020, und die Zahl ist seither weiter angestiegen. Die KMK-Prognose für die Studienanfängerzahlen in RLP vom Juni 2019 liegt bis 2030 nahezu gleich bleibend auf hohem Niveau im Bereich von knapp unter 23000. Angesichts der Zahlen geraten die Hochschulen in RLP immer stärker unter Druck, ein Druck, der allerdings auch durch die Landesregierung befeuert wird, womit wir bei der Finanzierung der Hochschulen wären. Die Hochschulen werden im Wesentlichen aus drei Geldquellen gespeist: Grundfinanzierung, Drittmittel und Hochschulpakt. Die Grundfinanzierung stellt die Basis dar (z.B. Gebäude, Unterhaltung, Stellen), die Drittmittel sowie die Bundesgelder aus dem Hochschulpakt sind notwendige Ergänzungen.

 

Kürzung der Grundfinanzierung der Hochschulen

 

Während die Drittmittel an unseren Hochschulen im Land von 1995-2015 um 217% bei öffentlichen Quellen und knapp 200% bei privaten angestiegen sind, hat die Landesregierung sukzessive die Grundfinanzierung heruntergefahren. In obigem Zeitraum ist diese allein für die Lehre von 51% auf 37% gesenkt worden. Einen ähnlichen Trend haben wir zwar auch bei den Investitionen in die Forschung an den Hochschulen, aber der kommen die Drittmittel in deutlich höherem Maße zugute. Lagen für die Naturwissenschaften und Mathematik die Drittmitteleinnahmen der rheinland-pfälzischen Hochschulen 2017 bei 60,9 Millionen, so betrugen sie für die Geisteswissenschaften nur 10,6 Millionen. Die Technische Universität Kaiserslautern (TU KL) erwirtschaftete die höchsten Drittmitteleinnahmen (in 1000 Euro je Professur in 2017) mit 252,7, gefolgt von der Uni Mainz mit 190,9, wogegen die Uni Koblenz-Landau nur mit 101,6 aufwarten konnte. Bundesweit liegen unsere Hochschulen übrigens deutlich auf dem letzten Platz, was die Drittmitteleinnahmen anbetrifft.

 

Fusion TU KL mit Uni Landau als Sparmodell

 

Die Zahlen legen nahe, was die Landesregierung bewogen haben mag, die TU KL mit dem Universitätsstandort Landau zu fusionieren. Weil sich das Land immer stärker bei der Grundfinanzierung seiner Verantwortung entzieht, muss dann die TU KL die Uni Landau mitsubventionieren. Nun kämpft aber jetzt schon die TU KL mit fehlenden Mitteln, sodass die Fusion unweigerlich dort zu Einschnitten führen wird, die sich auch auf die Qualität der Ausbildung auswirken werden. Dabei liegt heute schon RLP im Ländervergleich, was den Betreuungsschlüssel Studierende pro Professur angeht, auf dem drittletzten Platz mit 74,9, knapp gefolgt von Hessen mit 77,2 und dem Schlusslicht NRW mit 99,1. An der Spitze stehen hier Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen mit 51,5 bzw. 52,2, und selbst das Saarland steht klar besser da mit 56,6.

 

Hohe Studienanfängerzahlen in den Geisteswissenschaften zum Stopfen der Löcher aufgrund der Unterfinanzierung der Hochschulen in RLP

 

Um die Verluste bei der Grundfinanzierung auszugleichen, werden die Bundesmittel aus dem Hochschulpakt in Anspruch genommen. Diese sind an Erst- bzw. Zweitsemesterzahlen gekoppelt, stellen also eine Pauschale pro Studierendem dar. Weil die Hochschulen das Geld brauchen, um bereits bestehende Lücken zu schließen, dürfen die zusätzlichen Studierenden nur wenig Kosten verursachen. Daher fließen diese Mittel zum allergrößten Teil in Studienplätze für die so genannten „Buchfächer“, wozu die Geisteswissenschaften und Jura zählen. Damit profitieren die Hochschulen von hohen Erstsemesterzahlen gerade in den Studiengängen, denen das Land im gymnasialen Schuldienst weder kurz- noch mittelfristig eine angemessene Einstellungsperspektive ohne lange Wartezeiten samt vielen Vertretungsverträgen bieten kann.

 

Studienberatung verbessern und Grundfinanzierung anheben

 

Was ist zu tun? Wir brauchen eine Studienberatung, die Klartext spricht, denn was das Bildungsministerium auf seiner Homepage unter „mittel- bis langfristige Bedarfe und Einstellungsaussichten“ kundtut, ist für die angehenden Studentinnen und Studenten noch nicht anschaulich genug. Da ich die verpflichtende Einführungsveranstaltung in die Orientierenden Praktika in Kaiserslautern durchführe, erfahre ich immer mal wieder, wohin sich der Trend bewegt. Diesen Sommer war das Fach Erdkunde wieder besonders stark, sogar die Kombination mit Sozialkunde war anzutreffen. Über die Einstellungschancen bei solch einer Verbindung aus zwei Nebenfächern müssen wir hier nicht reden.

 

Wir brauchen eine Anhebung der Grundfinanzierung durch die Landesregierung, und die Qualität der Ausbildung an der jeweiligen Hochschule sollte bei der Zuweisung von Bundesmitteln eine größere Rolle spielen. Dann würde sich wahrscheinlich auch der Betreuungsschlüssel Studierende pro Professur in Rheinland-Pfalz verbessern, und dieser ist ein guter Indikator für eine intensive Förderung der Studierenden.

 

Rücknahme der Fusionspläne TU KL – Uni Landau

 

Schließlich muss die angekündigte Fusion von TU KL und Uni Landau zurückgenommen werden. Der politische Größenwahn von einer umfassenden gymnasialen Lehramtsausbildung in Landau darf nicht zu Lasten der TU KL gehen, die in den letzten Jahren enorme Anstrengungen unternommen hat und nunmehr um den Lohn ihrer jahrelangen Arbeit gebracht werden könnte.